Nach dem Krieg
Ich war dreizehn
Jahre alt, als der Krieg zu Ende war. Wir standen an den Straßen, um
die Amerikaner willkommen zu heißen. Sie hielten ihre Panzer an und
gaben uns Kaugummi, Konservendosen und getrocknete Eier. Nun gab es
überall etwas zu Essen. Papa Is und Annie wollten mir helfen und fingen
an, Briefe zu schreiben. Sie wollten überlebenden Verwandten suchen. So
erfuhr ich, dass meine Eltern zunächst im Ghetto Litzmannstadt
verschollen waren (1). Mein tapferer Bruder Herbert war am 25.10.1944
im
KZ Auschwitz gestorben, nachdem er lange in Westerbork war und auch
einige Monate im Ghetto Theresienstadt verbracht hatte (2). Sie fanden
eine
Tante in Haiti, die mich aufnehmen wollte. Ich kann mich nicht mehr ans
Packen erinnern. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum sie mich
nicht mehr wollten. Dann fuhr ich mit einem Schiff nach Haiti zu meiner
Tante Lenchen Ermann (3).
Sie war eine Schwester meines Vaters und hatte den Metzger Adolf
Ermann geheiratet. Beide waren vor dem Krieg nach Haiti geflohen.
Später zogen wir dann in die Vereinigten Staaten.
Dort
lernte ich meinen Ehemann Irwin kennen und wir bekamen zwei Kinder und
später sieben Enkelkinder.
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Elise Cohen
geb. Kern
28.7.1904
Edenkoben
ermordet 7.5.1942
Chelmno (PL)
(B1)
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Jakob Cohen
26.6.1899
Sonsbeck
ermordet 7.5.1942
Chelmno (PL)
(B1)
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Herbert Cohen
23.1.1931
Goch
ermordet
24.10.1944 Auschwitz
(B2)
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Emil Kern
23.2.1879
Edenkoben
für tot erklärt
Auschwitz
Großvater von Margot
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Caroline Kern
geb. Sonnheim
2.2.1867
Neuhemsbach
5.12.1940
KZ Gurs
Großmutter von Margot
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Schicksal von Verwandten Kindern in den Niederlanden
- Edith und Gottlieb Franck
waren die Kinder von Margots Tante Berta Franck, geb. Cohen, und ihrem
Ehemann Paul. Die Familie lebte in Düsseldorf. Anfang 1939 schickten
die Eltern ihre Kinder alleine in die Niederlande. Am 19.1.1939 kamen
sie in Nimwegen an und blieben vermutlich ebenfalls bei ihrem
Verwandten Jaap de Wijze. Am 23.1.1939 kamen sie in ein Heim in
Rotterdam (Quarantine Beneden Heijplaat, Quarantainestraat 1,
Rotterdam). Edith Franck kam dann am 27.3.1939 in ein Kinderheim für
Mädchen in der Rapenburgerstraat 171 in Amsterdam und ihr Bruder in das
Jungenkinderheim in der Amstelstraat 21 in Amsterdam. Von dort
wurden sie 1943 deportiert und über das Durchgangslager Westerbork nach
Sobibor überführt und am 5.3.1943 ermordet.
Die Eltern von Edith und Gottlieb waren bereits im November 1941 nach
Minsk deportiert worden und sind dort umgekommen.
- Erich Cohen
Erich Cohen war ebenfalls ein Cousin von Margot und Herbert Cohen. Sein
Vater Abraham Cohen war ein Bruder von Margots Vater, Jakob
Cohen. Abraham Cohen und seine Frau Else wohnten in
Kaldenkirchen. Als Abraham Cohen aus Dachau zurückkam, beschloss er wie
seine anderen Geschwister, die Kinder in Sicherheit zu bringen. Er
schickte Erich nach Goch, damit er mit Margot und Herbert über die
Grenze gebracht werden konnte. Am 29.12.1938 kam er mit Margot und
Herbert im Kinderflüchtlingsheim in Soesterberg an. Auch Erich kam im Juni
1939 nach Amsterdam und blieb zunächst im Bürgerwaisenhaus
(Burgerweeshuis, St. Luciensteeg/Kalverstraat 92, Amsterdam). Am
30.10.1939 kam er zu einer Pflegefamilie nach Apeldoorn. Dort blieb er
bis zum März 1940. Zu diesem Zeitpunkt kehrte er ins Bürgerwaisenhaus
in Amstedam zurück. Kurz nach dem Einmarsch der Deutschen, kam er im
Mai 1940 auf abenteuerliche Weise mit dem letzten Kindertransport nach
England. Er blieb einige Zeit in einem Kinderheim, bis ihn sein in
England lebender Onkel, Joseph Cohen, zu sich nahm.
Erics Eltern Abraham und Else Cohen wurden von Kaldenkirchen aus im
Dezember 1941 ins Ghetto Riga deportiert. Wann Abraham verstarb, ist
unbekannt. Erics Mutter Else verstarb am 1.10.1944 im KZ Stutthof.
- Jacob de Wijze
Jacob
de Wijze (21.4.1891 Beugen) war ein Cousin von Jakob Cohen. Die Mütter
Sibilla und Henriette Devries waren Schwestern und wohnten in
Kaldenkirchen. Jacob de Wijze zog 1938 von Boxmeer nach Nimwegen in
die Pontanusstraat 27. Er war Viehhändler und besaß in
Cuijk ein Exportschlachterei. Während des Krieges nahm er in Nimwegen
zahlreiche Flüchtlingskinder aus Deutschland auf. 1942 kamen er und
seine Frau ins Durchgangslager Westerbork und wurde am 19.2.1942 in
Auschwitz ermordet. Seine drei Kinder überlebten.
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