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Die Fahrt in die Hölle Ihre
Mutter verkaufte und verschenkte Gegenstände aus ihrem Besitz – Möbel,
Geschirr usw. – an Bekannte und Nachbarn (Q6). Am 10. Dezember 1941
machten sich Ruth, Hilde, ihre Mutter und vermutlich auch ihre Tante
Johanna Herz mit wenigen Habseligkeiten, die sie auf eine Schubkarre
geladen hatten, auf den Weg nach Goch. Gemeinsam mit einigen jüdischen
Einwohnern aus Goch wurden sie nach Krefeld und anschließend nach
Düsseldorf gebracht. Dort mussten sie in einer Schlachthalle bei
Minustemperaturen übernachten. Von den 1007 Passagieren auf dieser
Reise waren 165 Kinder und Jugendliche. „... Einen kurzen Leidensweg machten wir vom Bahnhof bis zur Schlachthalle Düsseldorf. Wir mussten mit unserem Gepäck ziemlich schnell laufen. Alte, Kranke, Kinder. Es gab Fußtritte. Die Düsseldorfer standen an den Fenstern und Türen und einige weinten. Die Schlachthalle nahm uns auf, wo wir zu einem Transport von 1000 gesammelt wurden. Wir standen in der nassen Halle, ca. 24 Stunden. Jeder einzelne wurde einer Leibesvisitation unterzogen, und es wurden ihm alle wertvollen Sachen, doppelte Leibwäsche und das gesamte Reisegepäck abgenommen, ebenso alle Papiere. Am anderen Morgen standen wir stundenlang an einem Düsseldorfer Güterbahnhof. Die Kinder lagen im Schnee und weinten. Endlich fuhr unser Extrazug ab nach Riga. Wir waren 3 Tage unterwegs in einem ungeheizten Zug ohne Wasser und Verpflegung. Abends kamen wir in Riga an und wurden bei 40° Kälte erst am anderen Morgen ausgeladen – Skirotava Güterbahnhof. Viele, besonders Kinder, hatten schon von dieser Nacht Frostschäden. SS-Posten brachten uns in das Ghetto-Riga. Das war ein Stadtviertel, worin früher die Verbrecherwelt gewohnt hatte und wo man später sämtliche Juden Rigas zusammengepfercht hat. Einige Tage vor unserem Einzug in das Ghetto wurden diese dort umgebracht. Es waren mehr als 24.000. Das Blut lag noch auf der Straße und wir dachten, dass uns dasselbe Los beschieden wäre. Doch uns sollte man nach Goebbels´ Äußerung langsam eingehen lassen, wie Blumen, denen man kein Wasser gibt. Die Wohnungen, in die wir hineingetrieben wurden, waren in einem fürchterlichen Zustand, ähnlich denen nach einem Bombenangriff. So hatte die SS dort gehaust. Alles Wertvolle hatten sie geraubt. Die Schränke waren umgeworfen und alles lag durcheinander. Das gefrorene Essen stand auf dem Tisch, so wie die Menschen ihn verlassen hatten, als die Mörder kamen. Ich war sehr unglücklich, und trotzdem musste ich wie die anderen darangehen, die kleine Stube aufzuräumen, welche für 3 Familien ausreichen musste. Wir suchten und fanden in Abfallgruben gefrorene Kartoffeln und Möhren, die wir uns kochten. Der Hunger war schon groß und trieb´s herein. Die ersten 8 Tage [gab] keine Lebensmittelzuteilung und das, war wir essen mussten, füttert man hier nicht den Schweinen. Später bekamen wir 230 Gramm Brot täglich und etwas Nährmittel.“ (Bericht Erna Valk, Q13)
Lebensweg der Geschwister Devries |
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Dateiname: |
dv_9.html |
Datum: |
20.04.2015 |
Erstellt von : |
Marc Timmer und Annika Ramcke |
Text von: |
R. Warrener |
Fotografien: |
B1 - Stepmap - Karte Ruth Warrener B2: Stadtarchiv Goch, B3: Puyn, Dokument der Unmenschlichkeit (S. Quellen 1) |