Selektion
Edith und Gideon können bei diesen schrecklichen Umständen
nicht
lange überlebt haben. Viele Kinder verhungerten oder starben an
Krankheiten. Wenn Edith und Gideon nicht bereits vorher verstorben
waren, so wurden sie spätestens bei der unten beschriebenen Aktion im
Jahre 1942 ausgewählt und später erschossen.
Eines Tages fand im Lager ein großer Appell statt:
„Eines Tages fand im Lager ein großer Appell
vor dem SS-Arzt Dr. Krebsbach, anderen SS-Würdenträgern und Sträflingen
statt. Es war mal wieder etwas los. Diese Appelle waren für jeden; denn
keiner sah noch gut aus, sehr aufregend. Alle über 50 Jahre und alle
Kinder bis 14 Jahren, alle Männer, die nur kleine Körperfehler hatten
(ein bei der schweren Arbeit zugezogener Leistenbruch konnte zum
Verhängnis werden) wurden ausrangiert. Ich war froh, zu der Partie der
Jugendlichen gestellt zu werden, und hatte nur Sorge um meinen Mann. So
kam es vor, dass im Männerlager ein Vater oder ein schwacher Jüngling
und gleichzeitig im Frauenlager die Mutter und das Kind zu den zum Tode
Verurteilten gestellt wurden und auf diese Weise die ganze Familie
erfasst worden ist. Zu meiner größten Freude sah ich am anderen Morgen
meinen Mann wieder. Die Aussortierten wurden auf Lastwagen
abtransportiert. Viele gute Bekannte waren darunter, und um diese war
einem das Herz besonders schwer. In einem Nachbarlager, Straßenhof,
wurden alle über 30 Jahre für die Gaskammer aussortiert. Die Panik
unter den Kindern war furchtbar. Die Eltern erfanden die unmöglichsten
Verstecke. Otto Schönewald aus Schiefbahn b[ei]/Krefeld vergrub sein
4-jähriges Söhnchen in die Erde, aber nachdem für das Kind 10 Juden
erschossen werden sollten, holte er es aus dem Versteck hervor und ging
mit Frau und Kind in den Tod.“ (Q1)
Die Deportation von Kindern
(B1)
|