Mutter kam ins Gefängnis
Weil die
Zustände in Deutschland für Juden immer schlimmer wurden, hatte meine
Mutter schon einige Zeit vorgehabt, nach Amerika auszuwandern. Dies war
aber gar nicht so einfach. Alle Länder hatten Einwanderungsquoten. Sie
nahmen jedes Jahr nur eine bestimmte Anzahl von Leuten auf. Man
brauchte einen Bürgen in dem Land, in das man auswandern wollte.
Außerdem musste man die so genannte
Reichsfluchtsteuer (20 % des Vermögens) bezahlen und durfte bei der
Ausreise nur 10 Reichsmark mitnehmen. Das restliche Vermögen kam auf
ein Sperrkonto.
Wenn man endlich in der neuen Heimat angekommen war,
war es sehr schwer, an dieses Geld heranzukommen. Sollte man
tatsächlich das Glück haben, eine Auszahlung zu erhalten, so zog der
Deutsche Staat bis zu 90% ab und wir hätten nur 10% bekommen.
Aus
diesem Grund versuchte meine Mutter, Bargeld in die Niederlande zu
schmuggeln. Dabei wurde sie aber erwischt. Sie wurde 1936 von der
großen Strafkammer in Kleve zu zwei Jahren Zuchthaus und einer
Geldstrafe von 100.000 Reichsmark verurteilt. Die Auswanderung wurde
nun noch schwieriger, da die Botschaften, die Visa ausgaben, ein Führungszeugnis verlangten
Vorbestrafte Emigranten wurden nicht gerne genommen. Ich
selbst blieb noch bis 1937 in Goch und wohnte weiterhin bei meiner
Großmutter und meiner Tante Hertha. Im Juli 1937 zog ich nach
Düsseldorf. Mein Bruder Kurt und meine Schwester Johanna hatten schon
1936 und 1935 Goch verlassen, um in Willibaldessen und Berlin eine
Ausbildung zu machen (19).
Anna Hoffmann
Ellens Mutter
(B1)
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