Mischling I. Grades
Die Nationalsozialisten teilten Menschen in verschiedene
Rassen ein. Sie grenzten vor allem die zwei Rassen Arier und
Juden voneinander ab. Die "Arier"
waren
ihrer Meinung nach der ideale Menschentyp und
deshalb sollte dieser über andere Rassen herrschen. Juden stellten sie
als Hauptfeind der arischen Rasse dar. Sie behaupteten, dass die Juden
der arischen Rasse schaden wollten. 1935 führte man die Nürnberger
Rassengesetze ein. Sie verboten unter anderem Ehen zwischen Ariern und
Juden. Durch die Vermischung der Rassen sahen sie die "Reinheit des
deutschen Blutes" gefährdet.
In diesem Gesetz wurde auch der Begriff „Mischling“ eingeführt:
- „Mischling I. Grades“:
(2 jüdische Großeltern u. 2 arische Großeltern)
- „Mischling II.
Grades“ (1 jüdischer Großelternteil)
Die sogenannten "Mischlinge" hatten im Laufe der Zeit
gegenüber den so genannten "Volljuden" einige Vorteile. So durften sie
im Allgemeinen länger öffentliche Schule besuchen oder mussten ab 1941
keinen Judenstern tragen. Weiterhin wurden sie nicht als „wehrunwürdig“
eingestuft und konnten den Arbeits- und Wehrdienst ableiten. Während
man ab 1938 versuchte, alle in Deutschland lebenden "Volljuden" zur
Auswanderungen zu bewegen, sollten „Mischlingen I. Grades“ in
Deutschland bleiben dürfen.
Kurt und seine Schwestern waren demnach „Mischlinge I.
Grades“. Sie hatten durch die Mutter zwei jüdische und durch den Vater
zwei arische Großeltern. Die Geschwister hätten deshalb eigentlich
länger die Schule besuchen dürfen. Außerdem hätten sie nicht bei
öffentlichen Veranstaltungen ausgeschlossen werden dürfen. Aber wie man
sieht, kümmerte sich in der Provinz niemand um diese Feinheiten. Hier
waren sie nur Mitglieder der großen jüdischen Familie Koopmann. Ob
diese Aktionen nur der 150-prozentigen nationalsozialistischen Haltung
des damaligen Ortsgruppenleiters Ernst Salzmann zu verdanken waren,
oder allgemein in kleineren Gemeinden so beliebig gehandelt wurde, ist
nicht bekannt.
Als das Gocher Bürgermeisteramt 1938 wegen der anstehenden
Auswanderung der Mutter Anna Hoffmann aufgefordert wurde, Informationen
über die Familie an die Gestapo Düsseldorf zu liefern, führt die
Information „israelitische Religion“ vom stellvertretenden
Bürgermeister Ernst Salzmann zu aufwendigen Prüfungen des tatsächlichen
Rassestatus von Kurt [7].
Die Gestapo Düsseldorf vermutete daraufhin, dass Kurt Hoffmann seine
Religionszugehörigkeit verschleiern wollte:
"... Der Sohn Kurt Israel ist noch
in Düsseldorf, Witzelstr.
5/b. Merkel, wohnhaft. Er gibt sich als Mischling aus. ... Nach einem
Bericht des Bürgermeisters in Goch vom 15.1.39 ...ist seine
Religionszugehörigkeit mit 'israelitisch' ausgegeben [8]."
Am 11. September 1939 wurde Kurt Hoffmann zu einem Verhör bei
der Gestapo eingeladen. Dort konnte er durch seine Geburtsurkunde
nachweisen, dass er nicht der israelitischen Religionsgemeinschaft
angehörte [9].
In der Zusammenfassung der Aussage durch einen Mitarbeiter der Gestapo wurde daraufhin auch nicht mehr
als "Kurt Israel" sondern nur noch als "Kurt" Hoffmann bezeichnet. Die
Namensergänzung "Israel", die alle männlichen Juden ab 1939 führen
mussten, konnte er nun weglassen. Wenn ein „Mischling I. Grades“ der
jüdischen Religion angehörte wurde er zum so genannten „Geltungsjuden“.
Er verlor damit alle Vorrechte und wurde rechtlich wie ein „Volljude“
behandelt.
Als Kurts Schwester Ellen 1939 den niederländischen Juden
Arthur van Leeuwen in Gennep heiratete, verlor sie deshalb den Status als
"Mischling". Ellen galt vom Zeitpunkt ihrer Ehe an in Deutschland als
so genannte "Geltungsjüdin" bzw. "Volljüdin".
Für Ellen hatte dies zur Folge, dass sie in den Niederlanden 1942 den
"Judenstern" tragen musste, den Namenszusatz "Sara" trug und vielen
anderen diskriminierenden Maßnahmen nach der Besetzung der Niederlande
hinnehmen musste. Ihre Deportation1943 erfolgte, weil sie als
„Geltungsjüdin“ eingestuft wurde. Als „Mischling“ wäre sie nicht
deportiert worden.
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