Voßstraße 42In dem heutigen Geschäft Müller auf der Voßstraße hatten die Geschwister Oppenheimer*1 ein Stoff- und Kurzwarengeschäft. In dem Geschäft arbeitete die Mutter Friederike mit ihren Kindern Betty und Else. Später arbeitete auch Elses Ehemann Ludwig Willner im Laden. Aufgrund der zunehmenden Repressionen der Nationalsozialisten musste auch dieses Geschäft Ende 1936 bzw. Anfang 1937 schließen. Ludwig Willner verließ daraufhin Goch und ging 1937 zu seinem Schwager Fritz Oppenheimer nach Queens New York. Seine Frau Else sowie die Kinder Lea und Eva blieben noch bis zum Sommer 1938 in Goch. In diesem Jahr emigrierte Else mit den Kindern in die USA und kam dort im September 1938 an. Die Mutter Friederike ging 1938 in ein Altenheim nach Leipzig. In diesem Heim arbeitete auch ihre Tochter Betty. Bettys Sohn Joseph lebte von 1934 bis zur Reichspogromnacht in einem jüdischen Kinderhheim in Dinslaken. Danach fuhr er zu seiner Mutter Betty nach Leipzig. Mit einem Kindertransport des Roten Kreuzes kam er später nach Belgien und wurde dort während der Besatzungszeit versteckt. Nach dem Krieg emigrierte er nach Israel. Er hatte dort 5 Kinder und zahlreiche Enkelkinder. Kurz vor der Deportation in ein Konzentrationslager, verstarb Friederike Oppenheimer im Altenheim. Ihre Tochter Betty konnte diesem Schicksal nicht entkommen. Betty Seligmann geb. Oppenheimer verstarb im KZ Auschwitz. Der Vater, Aron Oppenheimer, war seit 1890 Lehrer an der jüdischen Schule in Goch und Vorbeter beim Gottesdienst in der Synagoge gewesen. Zunächst war er von 1881 bis zum 16.1. 1890 Lehrer an der israelitischen Privatschule in Kalkar gewesen, wo er vermutlich seine Frau Friederike kennenlernte. Anschließend übernahm er eine Anstellung an der israelitischen Privatschule in Goch, die 1902 den Status einer städtischen Volksschule erhielt, und trat somit in den städtischen Schuldienst ein. Er war Mitglied des städtischen Wohlfahrtsamtes und langjähriger Stellvertreter des Rabbiners und Vorbeter in der jüdischen Gemeinde. Weiterhin war er Vorstandsmitglied des Vereins für jüdische Interessen im Rheinland und Westfalen und Vertrauensmann beim israelitischen Waisenhaus in Dinslaken(3). Er verstarb 1929. Die Familie Oppenheimer hatte acht Kinder, von denen Tochter Else und die Söhne Fritz und Hermann in die USA emigrierten, Tochter Betty Seligmann wurde in Auschwitz ermordet, die Söhne Ferdinand und Arthur und die Töchter Henriette und Grete sind nach Israel ausgewandert. (1) Mitgliedslisten der israelitischen Gemeinde, des Männer-, Frauen- und Sportvereins vom 1. April 1938. Wiener Library, StA Goch, Karton J4 - Gestapo Akten |
Nachname | Vorname | Geburtsort u. -datum | Gest. Ort | Straße | verheiratet | Kinder | Bemerkungen | |
OPPENHEIMER |
Friederike |
24.10.1867 Kalkar |
12.11.1941 Leipzig |
Voßstr. 42 |
Aron Oppenheimer (gest. 1929) |
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Zog im Jahre 1938 in das jüdische Altenheim in Leipzig, wo ihre Tochter Betty arbeitete. Sie war die Schwester von Abraham Cohen aus Kalkar |
t |
SELIGMANN |
Betty |
31.10.1896 Goch |
13.7.1942(2) verschollen Auschwitz |
Bahnhofstr. Leipzig: |
Mendel Seligmann (gest. 1927) |
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Zog
1926 mit ihrem Ehemann nach Dinslaken in die Duisburgerstr. 26. Nach
dem Tode ihres Mannes 1927 zog sie 1931 nach Leipzig und arbeitete dort
in einem Altenheim. Sie blieb allerdings in Dinslaken gemeldet. Am
24.10.1933 zog sie anscheinend zurück nach Goch und 1935 wieder nach
Leipzig. Ihr Sohn Joseph lebte ab 1931 oder 1933 in einem Kinderheim in
Dinslaken. Obwohl sie ein Visum für die Ausreise in die USA hatte,
blieb sie bei ihrer Mutter und wurde am 13.7.1942 nach Auschwitz
deportiert. |
k |
OPPENHEIMER |
Henriette |
1.4.1883 Goch |
Israel | Voßstr. 42 |
ledig |
|
e |
|
SELIGMANN |
Joseph |
13.2.1925 Goch |
13.9.1988 Kfar Haroe/ Israel |
Bahnhofstr. |
Battia 5.5.1950 |
|
1926 zog die Familie Seligmann nach Dinslaken. 1927 verstarb Mendel Seligmann. Nach eigenen Angaben lebte Joseph dann bis zu seinem 6. Lebensjahr bei den Großeltern in Goch. Als seine Mutter 1931 in einem Altenheim in Leipzig arbeitete, kam er 1931 oder 1933 ins Kinderheim nach Dinslaken. Nach der "Reichsprogromnacht" wurde er am 21.11.1938 in Dinslaken abgemeldet und fuhr zu seiner Mutter Betty nach Leipzig. Dort blieb er eine Woche und fuhr dann nach Köln, um mit einem Kindertransport des Roten Kreuzes nach Belgien zu gelangen. Er ging in den Untergrund und bekämpfte die Deutschen. 1944 trat er als Soldat in die niederländische Armee ein. Nach seiner Entlassung im Jahre 1947 immigrierte er nach Palästina. Dort machte er eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau. Er lebte lange Zeit in Kfar Haroe und verstarb dort 1988 |
e |
WILLNER |
Else |
1.2.1898 Goch |
6.7.1981 | Voßstr. 42 |
Ludwig Willner |
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Emigriert 1938 mit ihren Kindern in die USA. Else Willner und ihre Töchter werden 1938 noch als Mitglieder der israelitischen Spezialgemeinde Goch aufgeführt(1) . Ihr Ehemann Ludwig verließ im Januar oder Februar 1937 Goch, als das Geschäft aufgrund der Maßnahmen der Nationalsozialisten nicht weitergeführt werden konnte und ging zu seinem Schwager Fritz nach Queens (New York). 1938 emigrierte Else Willner mit den Kindern in die USA. Else Willner lebte in Queens und ab 1977 in Poughkeepsie New York. |
e |
WILLNER |
Eva |
30.9.1936 Goch |
- | Voßstr. 42 |
- |
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Emigrierte 1938 mit ihren Eltern in die USA. Lebte dann in New Jersey. |
e |
WILLNER |
Ludwig |
28.1.1904 |
7.4.1963 Queens, NY, New Jersey |
Voßstr. 42 |
Else Willner |
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Kaufmann, arbeitete im Geschäft der Familie Oppenheimer und ging nach der Aufgabe des Geschäfts im Jahre 1937 nach New York. Dort lebte er zunächst bei seinem Schwager Fritz. 1938 folgten ihm seine Frau Else mit den Kindern in die USA. |
e |
WILLNER |
Leah |
3.4.1934 |
21.12.2007 |
Voßstr. 42 |
Howard Cohen verst. 9.27.1982 |
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Emigrierte 1938 mit ihren Eltern in die USA. Lebte dann in Queens, später in New Jersey und heute bei ihrer Tochter in der Nähe von Boston. Sie wurde zunächst Lehrerin und studierte später Jura, das sie heute noch praktiziert. |
e |
Aron Oppenheimer (1917) |
Friederike Oppenheimer, geb. Cohen (1890ger Jahre) |
Geschäft der Geschwister Cohen (Oppenheimer) 7.2.1937 nach der Schließung 1936 Voßstr. 42 (heute Müller) Die Familie lebte in den Stockwerken über dem Geschäft. Foto: Daniel und Leah Cohen |
Innenbereich des Geschäfts (1.12.1936) Ludwig und seine Frau Else sowie Henriette Oppenheimer arbeiteten im Kurzwarengeschäft Das Geschäft musste Ende 1936 geschlossen werden. Foto: Daniel und Leah Cohen |
Bemerkungen:
*1 Das Geschäft hieß "Geschwister Cohen". Vermutlich hatte Friedrerike Oppenheimer (geb. Cohen) mit einer Schwester zuvor dieses Geschäft geführt.
Quellen:
Neben den im Impressum angegebenen allgemeinen Quellen sind hier insbesondere zu nennen:
Dateiname: | foppen.htm |
Datum: | 31.12.2009 |
Erstellt von: | Ruth Warrener |
Fotografien/Bilder: | Ruth Warrener, Leah und Daniel Cohen, Dr. Micha Ofir Stadtarchiv Goch |