Familie Otto Mayer

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Parkstr. 17

Otto Mayer wurde am 29.07.1900 in Ulm geboren. Er war zunächst Kaufmann und Handlungsgehilfe und arbeitete später in der Gärtnerei seines Schwiegervaters. Vermutlich  entschloss er sich, aufgrund seiner Verlobung mit der evangelischen Christin Katherina (Käthe) Caroline Luise Siegert am 15.02.1925, vom jüdischen zum evangelischen Glauben zu wechseln. Er wurde von Pfarrer Leopold Wunsch in Goch getauft. Taufzeugen waren der Presbyter Otto Berthold und Otto Enselmann. 1928 heiratete er seine Verlobte. Beide wohnten in der Parkstraße 17 im Haus der Schwiegereltern Paul und Maria Siegert.

Einige Jahre später wurde am 20.06.1937 die gemeinsame Tochter Ruth geboren, die ebenfalls evangelisch getauft wurde. Obwohl er evangelisch war, wurde er von den Nationalsozialisten entsprechend ihrer Rassentheorie als Jude betrachtet. Seine Tochter Ruth galt nach dieser Theorie als „Halbjüdin“. Aufgrund seiner so genannten „privilegierten Mischehe“ wurde er von einigen diskriminierenden Maßnahmen und später auch von den drei von Goch ausgehenden Deportationen ausgeschlossen. Deportiert wurden. jüdische Mitbürger „...., soweit sie nicht in deutsch-jüdischer Mischehe leben und ihre Kinder unter 14 Jahren sind“(1). Dass er von den Behörden eindeutig nach rassischen Aspekten als Jude gesehen wurde, zeigt die im März 1939 erstellte Kennkarte für jüdische Mitbürger, die mit einem große "J" und der Namenergänzung "Israel" gekennzeichnet war. Eine Liste des Klever Landrats, mit Angaben zu Gocher Juden, führt auch Otto Mayer auf. Diese Liste befasst sich mit der Erfassung bzw. der Freimachung der von Juden bewohnten Wohnungen (2). Besonders makaber an dieser Liste ist, dass bereits vor dem Beginn der ersten und zweiten Deportation am 26.10 und 10.12.1941, diejenigen jüdischen Mitbürger durchgestrichen waren, die man für diese Deportationen vorgesehen hatte. Spätestens Anfang 1944 tauchte Otto in den Niederlanden unter. Zu dieser Zeit wurden auch Juden mit christlichen Ehepartnern deportiert. In einem Artikel einer Gocher Zeitung wurde  Anfang 1944   berichtet, dass Goch nun „judenfrei“ sei.

Anscheinend hielt Otto Mayer sich in Grenznähe auf, da er des Öfteren heimlich seine Familie besuchte (3). Als Ende 1944 viele Gocher Bürger aufgrund der Kriegssituation aus Goch evakuiert wurden, verließen auch Käthe Mayer, ihre Tochter Ruth und Paul Siegert Goch und gingen nach Tangermünde. Trotz der Abwesenheit der Familie besuchte Otto Mayer am 7.2.1945 seine Wohnung in der Parkstraße. Was er nicht wissen konnte war, dass in diese Nacht ein Großangriff auf Goch geplant war.

Der Angriff in der „Nacht des Grauens“ wird im Buch von Hans-Joachim Koepp beschrieben:

„Gegen 22.00 Uhr begann der Luftangriff auf Kleve, Kalkar, Weeze und Goch. Um diese Zeit sahen die verbliebenen Gocher am Himmel die berüchtigten „Christbäume“, auch „Zeichen des Todes“ genannt, die das Bombenabwurfgebiet für die Flugzeuge kennzeichnen sollten. Dabei handelte es sich um von so genannten „Mosquito“-Flugzeugen abgeworfene rote und grüne Leuchtkugeln. Bald darauf begann das Inferno und damit der Untergang der alten historischen Stadt Goch. Eine todbringende Welle von Bomben, Glut und Feuer rollte durch die Straßen und legte ganze Häuserreihen in Trümmer und Flammen. Die Gegend des Marktplatzes und der Steinstraße war ein Feuermeer. Der Großangriff dauerte 40 Minuten. Die wenigen Menschen, die in Goch verblieben waren, waren hilflos gegen den überraschenden Angriff. An Löscharbeiten oder Bergung von Verletzten war zunähst kaum zu denken. Feindliche Flugzeuge kreisten über der Stadt und schossen gezielt auf Menschen. Wegen des schlechten Wetters konnten über 300 Bomber der Alliierten, die Goch angreifen sollten, nicht starten. Trotzdem wurde Goch von 147 Bombern der Alliierten in zwei Angriffswellen (22.00 und 24.00 Uhr) zerstört. 872 Tonnen Sprengstoff und Brandbomben wurden über Goch abgeworfen. Fast 200 Menschen, in erster Linie Russen und Polen, die als „Ostarbeiter“=(Zwangsarbeiter) den Luftschutzbunker nicht betreten durften, fanden den Tod. Die Stadt war etwa zu zwei Dritteln zerstört...“ (4)

Zu den Toten dieser Nacht gehörte auch Otto Mayer.

Nach dem Krieg kehrten Caroline und Ruth Mayer sowie Paul Siegert nach Goch zurück. Ruth besuchte das Gocher Gymnasium und war eng mit Leni Reffeling (heute Brenker) befreundet. Als 1953 ihre Mutter verstarb, lebte Ruth noch einige Zeit bei ihrem Großvater und zog dann 1954 oder 1955 zu einer Cousine ihres Vaters nach London. Dort heiratete sie  den ehemaligen Piloten Kacee Narang, der in Richmond einen kleinen Gewürzladen eröffnet hatte. Sie bekamen zwei Kinder, die Tochter Kiron und der Sohn Chander. Am 14.01.1998 verstarb Ruth Mayer.

Quellen:

  • (1) Geheime Staatspolizei Düsseldorf, 10.08.1942, Dokument über die Deportation nach Theresienstadt, StaG
  • (2) Geheime Staatspolizei Düsseldorf, 18.9.1941 mit Antwort des Klever Landrats vom 26.9.1941 - StA Goch, Karton J4 - Gestapo Akten
  • (3) Dokumente von Frau Leni Brenker, StaG
  • (4) Hans-Joachim Koepp: Kelten, Kirche und Kartoffelpüree, Chronologie der 750-jährigen Geschichte der Stadt Goch, Band IV, S. 534.
  • (5) Leni Brenkert, Erinnerungen an Otto Mayer, StaG

 

Nachname

Vorname

Geburtsort u. - datum

Gest., Ort

Straße

verheiratet

Kinder

Bemerkungen


MAYER

Otto

29.7.1900 Ulm
Eltern:
(Abraham Mayer,
Cäcilie Lämmle)

7.2.1945 Goch

Parkstr. 17

Kahtarina Caroline Luise Siegert
am 01.10.1928 Goch
(Nicht-Jüdin, 27.01.1902, gest. 1953).

Ruth Marie Cilli 20.06.37 Goch

Otto Mayer war zunächst Kaufmann und Handlungsgehilfe. Später wurde er Gärtner und arbeitete in der Gärtnerei seines Schwiegervaters Paul Siegert an der Parkstraße 17. Da er 1925 in Goch zum evangelischen Glauben übertrat und die evangelische Christin Katharina Caroline Siegert heiratet, lebte er in einer so genannten "privilegierten Mischehe" und wurde zunächst von vielen diskriminierenden Maßnahmen und der Verfolgung ausgeschlossen. So stand er beispielsweise auf keiner Gocher Deportationsliste.
Spätestens Anfang 1944 war er anscheinend nicht mehr in Goch, da Goch zu dieser Zeit als "judenfrei" bezeichnet wurde (siehe Plakat).
Otto Mayer ging in die Niederlande. Anscheinend hielt er sich weiterhin in Grenznähe auf, da er heimlich seine Familie besuchte. Bei einem der heimlichen Besuche am 7.2.1945 wurde er von dem großen Bombenangriff auf Goch überrascht und kam ums Leben.

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MAYER
verh. Narang
Ruth Marie Cilli 20.06.1937 Goch
(evangelisch)
1998 London Parkstr. 17 verh. Kacee Narang Kiron, Chander Ruth war zwar evangelisch, entsprechend der nationalsozialistischen Rassenideologie galt sie jedoch als Halbjüdin. Sie hatte Glück und durfte bis zum Kriegsende bei ihrer Mutter bleiben. Anfang 1945 war sie mit ihrer Mutter und ihrem Großvater nach Tangermünde evakuiert worden. So konnte sie dem großen Bombenangriff auf Goch entgehen und überlebte. Ruth lebte nach dem Krieg zunächst in Goch und besuchte hier das Gymnasium. Als ihre Mutter 1953 verstarb lebte sie zunächst alleine mit ihrem Großvater und ging dann 1954/1955 nach London zu einer Cousine ihreres Vaters. Sie heiratete später Kacee Narang, einen ehemaligen Piloten, der später in Richmond einen Gewürzladen führte.

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Otto Mayer
gest. am 7.2.1945


Quelle: StAG

v. links n. rechts: Leni Reffeling und Ruth Mayer 1944
Quelle: StaG, Leni Brenker

Ruth Mayer mit ihrer Tochter Kiron (links) und ihrem Sohn Chander (rechts) 1973
Quelle: StaG, Leni Brenker

Kennkarte von Otto Mayer, März 1939
Im Frühjar 1939 bekamen jüdische Mitbürger einen neuen Ausweis, auf dem ein große "J" eingetragen
und der Name mit dem Zusatz Israel ergänzt worden war.

Anhang eines Schreibens des Gocher Landrats an die Gestapo Düsseldorf vom 26.9.1941

Diese Liste befasst sich mit der Erfassung bzw. der Freimachung von Juden bewohnten Wohnungen (2). Besonders makaber an dieser Liste ist, dass bereits vor dem Beginn der ersten und zweiten Deportation am 26.10 und 10.12.1941, diejenigen jüdischen Mitbürger durchgestrichen sind, die für diese Deportationen vorgesehen waren. (Quelle: StAG)

Räumungsbefehl der Stadt Goch
Quelle: StAG

Blick auf die Maria-Magdalena Kirche und den Markt
nach der Zerstörung im Februar 1945
Quelle: StAG

Dateiname: fmayer.htm
Datum: 17.02.2015
Erstellt von: Ruth Warrener
Fotografien: StaG, Leni Brenker