Familie Aron Oppenheimer

Betty und Joseph
Seligmann

Tod in Auschwitz
und Rettung durch einen
Kindertransport

  Pos1  

Stammbaum
der Familie
Betty und Joseph
Seligmann

Bahnhofstraße

Betty Seligmann (geb. Oppenheimer)

Betty kam als drittes Kind von Aron Oppenheimer und Friederike (geb. Cohen) 1896 in Goch zur Welt. Wie ihre Schwestern ging sie vermutlich in Goch zur jüdischen Volksschule, an der ihr Vater unterrichtete. Sie heiratete am 17.11.1922 in Goch den aus Köln stammenden Kaufmann Mendel Seligmann. Ihr Sohn Joseph wurde 1925 in Goch geboren*2. 1926 zog die Familie nach Dinslaken in die Duisburgerstraße 23 und hatte dort ein Hutgeschäft*3. Mendel Seligmann verstarb 1927 in Köln Gnadenthal. Joseph wuchs darauf hin bis zu seinem 6. Lebensjahr bei den Großeltern in Goch auf*1. Nach eigenen Angaben kam Joseph in das jüdische Waisenheim nach Dinslaken, als seine Mutter 1931 nach Leipzig ging. Definitiv ist seine Anwesenheit im Kinderheim, Neustraße 43 (früher: Schlageterstr. 43), seit dem 24.10.1933 durch das Anmelderegister bestätigt*5.

Wo sich Betty Seligmann während der Jahre 1931-1935 aufhielt, lässt sich nicht genau ausmachen, da die Angaben widersprüchlich sind. Während die Kinder von Joseph in dem Erinnerungsschreiben anlässlich seines Todes es so darstellen, als ob Betty von 1931 bis 1938 in Leipzig gelebt habe*1, ist auf der Meldekarte in Dinslaken am 24.10.1933 ein Umzug von Betty nach Goch verzeichnet*5. Auch die Gocher Unterlagen erwähnen, dass Betty bis 1935 zeitweise in Goch gelebt habe. Zwischen 1935 und 1942 hat sie mit großer Sicherheit in Leipzig gelebt, da dies durch Fotographien und Augenzeugenberichte belegt wird.

In Leipzig arbeitete Betty in leitender Funktion in einem Altenheim für jüdische Frauen in der Auenstraße 14 (heute Hinrichsenstraße 14), das durch Louise Ariowitsch gestiftet worden war. Seit dem Herbst 1938 wohnte auch ihre Mutter Friederike in diesem Altenheim. Diese verstarb im November 1941 und wurde in Leipzig begraben.

Betty hatte ein Visum, um in die USA einzuwandern, aber sie zog es vor, bei ihrer Mutter und den anderen alten Damen zu bleiben. Das Heim stand unter dem Schutz einer amerikanischen Organisation und die amerikanische Flagge war am Gebäude befestigt.

Betty wurde am 13.7.1942 deportiert. Der Zielort war Auschwitz.  Ihre genaues Todesdatum ist nicht bekannt. Die restlichen Bewohner des Altenheims in der Auenstraße 14 wurden am 19.9.1942 nach Theresienstadt deportiert*10.

Joseph Seligmann

Joseph lebte von 1931 bzw. von 1933 bis 1938 in dem israelitischen Kinderheim in Dinslaken in der Neustr. 43 (früher: Schlageterstr.). Dort erfolgte der Unterricht der Klassen 1 bis 8 in einem Raum. Ein Großteil des Unterrichts wurde in hebräischer Sprache erteilt*6.

Am Morgen des 10.11.1938 stürmten 50 Männer ins Haus und zerstörten das gesamte Inventar. Die Angstschreie der Kinder hallten durch das ganze Haus. Der Lehrer Yitzchak Sophonie Herz führte damals stellvertretend für den Direktor Dr. Rothschild das Heim. Er führte die Kinder über eine Hintertreppe in den Garten, von wo aus sie das systematische Zerstörungswerk weiter beobachten mussten. Anschließend beschloss der Polizeichef eine „Judenparade“ zu veranstalten. Der Zug wurde von zwei Polizeibeamten angeführt und von SA-Männern bzw. auch Nationalsozialisten in Zivil begleitet. Man setzte die kleineren Kinder in einen Leiterwagen und vier größere mussten den Wagen ziehen. Die Dinslakener Bürger standen in drei oder sogar vier Reihen am Straßenrand Spalier und schauten zu wie die 35 Kinder des Waisenhauses durch die Straßen zu einem Schulhof in der Nähe der Synagoge getrieben wurden. Dort befanden sich schon andere Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Die Synagoge war zuvor bereits angesteckt worden. Dort wurden sie in einen kleinen Schulsaal gesperrt, den keiner verlassen durfte. Sie mussten ohne Wasser und Nahrungsmittel den Tag dort verbringen. Abends wurden sie in den Saalbau Rau gebracht, wo alle auf Stroh schlafen mussten. Dort verbrachten sie 8 Tage. Am Tag nach dem Überfall kehrten einige Kinder noch einmal in das verwüstete Heim zurück. Heimlich vergruben Herz und zwei Kinder die Thorarolle der Haussynagoge, da nach jüdischer Religionsvorschriften, eine zerstörte Thorarolle begraben werden musste. Der Lehrer Yitzchak Sophoni Herz traf Vorbereitungen, die Kinder über Köln mit einem sogenannten Kindertransport des Deutschen Roten Kreuzes nach Belgien zu bringen. Einzelne Kinder verließen die Gruppe, um zu ihren Familien zurückzukehren. So auch Joseph Seligmann. Er meldete sich am 21.11.1938 in Dinslaken ab, um zu seiner Mutter Betty nach Leipzig zu ziehen. Sie beschloss, dass es für Joseph besser wäre, mit den anderen Kindern nach Belgien zu gehen. Nach einer Woche verließ Joseph seine Mutter Richtung Köln. Es war das letzte Mal, dass er sie sah. Yitzchak Herz hatte die anderen Kinder mittlerweile mit einem LKW nach Köln gebracht, wo sie in einem jüdischen Lehrlingsheim wohnten. Nachdem er die ganze Zeit versuchte hatte, eine Ausreise der Kinder nach Holland oder Belgien zu organisieren, konnten die Kinder endlich im Februar 1939 mit einem Zug über Emmerich in die Niederlande und dann weiter nach Belgien fahren. Vor der Grenze musste Herr Herz den Zug verlassen und die Kinder einem unsicheren Schicksal überlassen*7,8,1.

Joseph machte in Belgien eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau. Bevor die Kinder 1940 nach Palästina auswandern konnten, eroberten die Deutschen die Niederlande und Belgien. Die flüchtenden Kinder wurden auf den verstopften Straßen von Deutschen aufgegriffen und auf LKWs verladen. Man brachte sie zurück nach Antwerpen und später nach Brüssel. Joseph nahm mehrere Stellen auf Bauernhöfen an. Als 1941 die Pässe der Juden von Deutschen eingesammelt wurden, beschloss er, sich einer Untergrundbewegung anzuschließen. Er bekam gefälschte Papiere und beteiligte sich an Sabotageaktionen der Resistance. Nach der Invasion schloss sich Joseph der Königlich Niederländischen Brigade an und kämpfte in den Niederlanden und Norddeutschland*1.

Aufgrund seiner Deutschkenntnisse gehörte es nach dem Krieg zu seinen Aufgaben, deutsche Soldaten zu verhören und ihre nationalsozialistische Vergangenheit festzustellen. In dieser Zeit kehrte er auch nach Goch und Dinslaken zurück. In Goch traf er die jüdische Familie Valk, deren Haus vollkommen zerstört worden war. Er besorgte Lebensmittel und Kleidung für sie, und erlaubte ihnen, im unzerstörten Haus seiner Familie, Vossstrasse 42, zu wohnen*1.

Nach einer Dienstzeit im Fernen Osten wurde Joseph 1947 aus der Armee entlassen und ließ sich in Palästina nieder. Dort arbeitete er an verschiedenen Orten im Bereich Garten- und Landschaftsbau. Ab 1947 wohnte er mit seiner Ehefrau Battia in Kfar Haroe. Gemeinsam hatten sie 5 Kinder und zahlreiche Enkelkinder*1.

Betty Seligmann,
geb. Oppenheimer,
im Altern von ca 4 Jahren
um 1900

 

 

Geschäft und Wohnhaus der Eltern von Betty.
Joseph lebte hier bis zu seinem 6ten Lebensjahr.
(Goch Voßstraße 42)
Betty und Joseph Selgimann
in Leipzig 1937
Betty und ihre Mutter Friederike
im Leipziger Altenheim an der Auenstraße 14
2. Mai 1940
Joseph Seligmann 1946,
als Offizier bei der Niederländischen Armee im Fernen Osten

Rückseite des Photos mit Grüßen ans seine Cousins Micha, Uri und
Benjamin?
Battia und Joseph Seligmann
bei ihrer Hochzeit
am 5.5.1950

 

Nachname Vorname Geburtsort u. -datum Gest. Ort Straße verheiratet Kinder Bemerkungen  

SELIGMANN
geb. Oppenheimer

Betty

31.10.1896 Goch

verschollen nach der Deportation aus Leipzig am 3.7.1942

Bahnhofstr.

Dinslaken Duisburger
Str. 23
Leipzig
Auenstr. 14
(heute Hinrichsenstr. 14)

Mendel Seligmann
am 17.11.1922
in Goch

  • Joseph Seligmann geb. 13.2.1925 Goch

Zog 1926 mit ihrem Ehemann nach Dinslaken in die Duisburgerstr. 26. Nach dem Tode ihres Mannes 1927 zog sie 1931 nach Leipzig und arbeitete dort in einem Altenheim. Sie blieb allerdings in Dinslaken gemeldet. Am 24.10.1933 zog sie anscheinend zurück nach Goch und später dann wieder nach Leipzig. Ihr Sohn Joseph lebte ab 1931 oder 1933 in einem Kinderheim in Dinslaken. Später zog nach Leipzig. Obwohl sie ein Visum für die Ausreise in die USA hatte, blieb sie bei ihrer Mutter, die seit 1938 in dem Altenheim wohnte und wurde am 13.7.1942 deportiert. Der Zielort der Deportation ist nicht genau bekannt.

k

SELIGMANN

Mendel

18.7.1882
Köln

17.2.1927
in Köln-
Gnaden-
thal

Bahnhofstr.
Goch
Dinslaken
Duisburgerstr. 23

Betty
Oppenheimer
am 17.11.1922
in Goch

  • s.o.
Mendel Seligmann war ein Kaufmann aus Köln. Zu seinen Vorfahren gehörte der Mitte des 19. Jh. berühmte Rabbi Mendel Rosenbaum aus Zell am Main. Nach seiner Heirat mit Betty wohnte er einige Zeit in Goch und zog dann nach Dinslaken. 1927 verstarb er in Köln.

t

SELIGMANN

Joseph

13.2.1925 Goch

13.9.1988 Kfar Haroe/ Israel

Bahnhofstr.
Vosstraße 42 Goch

Dinslaken
Waisenhaus Schlageter Str. 43
(heute Neustr. 43)

Battia
5.5.1950
  • 5 Kinder und zahlreiche Enkelkinder

Lebte bis zu seinem 6 Lebensjahr bei den Großeltern in Goch. Als seine Mutter 1931 in einem Altenheim in Leipzig arbeitete, kam er 1931 oder 1933 ins Kinderheim nach Dinslaken. Nach der "Reichsprogromnacht" wurde er am 21.11.1938 in Dinslaken abgemeldet und fuhr zu seiner Mutter Betty nach Leipzig. Dort blieb er eine Woche und fuhr dann nach Köln, um mit einem Kindertransport des Roten Kreuzes nach Belgien zu gelangen. Er ging in den Untergrund und bekämpfte die Deutschen. 1944 trat er als Soldat in die niederländische Armee ein. Nach seiner Entlassung im Jahre 1947 immigrierte er nach Palästina. Dort machte er eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau. Er lebte lange Zeit in Kfar Haroe und verstarb dort 1988

e

um 1900 - Betty, Friedrich, Else und Hermann Oppenheimer, Goch
Foto: von Jean Genesius, Wiesenstraße 14, Goch
Kopie des Photos von Daniel und Leah Cohen

1937 - Betty und Joseph Seligmann (Leipzig)

Foto: Kopie des Photos von Daniel und Leah Cohen

 

2. Mai 1940 - Friederike Oppenheimer und ihre Tochter Betty Seligmann in Leipzig

Foto: Kopie des Photos von Daniel und Leah Cohen
Hochzeit von Joseph und Battia Seligmann
am 5.5.1950

1. Chaim Safrai (Schwager von Battia) - 2. Judit Safrai (Schwester von Battia) - 3. Warda Oppenheimer
4. Battia - 5. Joseph - 6. Henriette Oppenheimer - 7. Friedel (Ehefrau von Ferdinand Oppenheimer
- 9 Dr. Ferdinand Oppenheimer - 8. Dr. Arthur Oppenheimer - 10. Grete Hichenberg geb. Oppenheimer

Foto: Dr. Micha Ofir

 

 

 

 

Quellen:

Neben den im Impressum angegebenen allgemeinen Quellen sind hier insbesondere zu nennen:

Dateiname: foppen6.htm
Datum: 31.12.2009
Erstellt von: Ruth Warrener
Fotografien, Bilder: Dr. Micha Ofir, Stadtarchiv Goch