Familie Jakob Cohen

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Weezer Str. 29 (vorher Feldstrasse 7, Herzogenstr. 8, Klever Str. 27, Weezerstr. 29)

Jakob Cohen war Viehhändler. Er lebte mit seiner Frau Elise (Tochter von Emil Kern) zunächst in der Feldstraße 7 in der ersten Etage der Metzgerei von Gerhard Vondermans. Dort spielten die Kinder Herbert und Margot häufig mit den Kindern der Familie (1). Trotz harter Arbeit, reichte der Verdienst nur für lebensnotwendige Anschaffungen. Bedingt durch die Wirtschaftskrise und die hohe Arbeitslosigkeit Anfang der 30er Jahre litten viele Handwerker unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten, so auch die Familie Cohen. Als 1937 das Arbeitsverbot für jüdische Metzger und Viehhändler erlassen wurde, musste Jakob Cohen sich mit diversen Hilfsarbeiten durchschlagen. Im Jahre 1938 war er Hausmeister in der Synagoge und der jüdischen Schule. Vor der Deportation arbeitete Frau Cohen als Heimarbeiterin bei Jurgens & Prinzen. Jakob Cohen war als Handlanger bei Alex Eicken in Krefeld tätig.

1938 lebte Jakob Cohen mit seiner Familie in der Hausmeisterwohnung der jüdischen Schule und die Familie war den Schrecken der Reichspogromnacht am 9. November 1938 unmittelbar ausgesetzt. Die Synagoge wurde am Morgen des 10.11.1938 angezündet und die SA verwüstete zahlreiche jüdische Wohnungen und Geschäfte in Goch. Die Kinder Margot und Herbert haben die Geschehnisse unmittelbar mitbekommen und hatten schreckliche Angst (2). Ab Ende 1938 lebten vorübergehend die Eltern von Elise Cohen, Emil und Caroline Kern, bei der Familie Cohen in der Herzogenstraße 8. 1939 zogen sie wieder zurück nach Edenkoben, von wo sie im Oktober 1940 ins französische Internierungslager Gurs deportiert wurden. Wann Jakob Cohen und seine Ehefrau Elise in ihre letzte Gocher Wohnung in die Weezerstr. 29 zogen, ist nicht bekannt.

Das Ehepaar hatte zu dem befreundeten Metzger und Viehhändler names Gerhard Vondermans ein besonders enges Verhältnis. Am 29.12.1938 brachte dieser die beiden Kinder Herbert und Margot heimlich über die Grenze in die erhoffte Sicherheit. Er und seine älteste Tochter sowie Margot und Herbert fuhren mit dem Zug nach Nimwegen (Niederlande). Da er gebürtiger Niederländer war, hatte er bei der Grenzüberschreitung weniger Schwierigkeiten. Von dort aus wurden sie  mit einem Auto in das Kinderflüchtlingsheim Soesterberg gebracht. Im Sommer kamen die Geschwister nach Amsterdam und wurden bei Pflegefamilien untergebracht. Herbert war zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre und Margot sechs Jahre alt. Die Eltern Jakob und Elise hatten bereits die Einreisegenehmigung für England (Brixham) beantragt und hofften, dort auf ihre Kinder zu treffen. Jakobs Bruder Josef lebte dort und hatte für sie gebürgt. Warum sie doch nicht emigrierten ist nicht bekannt.

Am 11.2.1943 wurde Herbert Cohen in Amsterdam bei einer Razzia aufgegriffen und kam zunächst ins Durchgangslager Westerbork. Dort blieb er fast ein Jahr, bis er iam 5. April 1944 nach Theresienstadt und später (23.10.1944) nach Ausschwitz deportiert wurde. Dort wurde er am 25.10.1944 ermordet.

Margot kam in Amsterdam zunächst in ein Kinderheim und wurde später von einer Pflegefamilie aufgenommen. Die Familie hatte auch eine Tochter namens Gerda. Margot  half im Haushalt der Familie und erledigte trotz ihres Alters (ca. 6 Jahre) viele Arbeiten im Haushalt. Sie besuchte dort die Schule bis die Deutschen auch dort den Schulbesuch jüdischer Schüler verboten. Im Laufe des Krieges wurde die Situation für die Pflegefamile und Margot immer schwieriger. Es gab regelmäßig Hausdurchsuchungen und Marogt musste mehrfach versteckt werden. Was sowohl für die niederländische Pflegefamilie und noch mehr für Margot mit Angst und Schrecken erlebt wurde . Schließlich wurde sie doch aufgegriffen und kam in das Amsterdamer Sammellager die Schouwburg. Dort gelang ihr die Flucht mit Hilfe eines unbekannten Fluchthelfers, der sie wieder zu ihrer Pflegefamilie brachte. So konnte sie dem Transport nach Auschwitz oder Sobibor entgehen. Bis zum Kriegsende wurde sie von der Pflegefamilie versteckt. Nach dem Krieg suchten die Pflegeeltern Verwandte von Margot. Auf diesem Weg kam sie zunächst zu einer Tante Helene nach Haiti und nach deren Umzug in die Vereinigten Staaten (San Francisco). Später heiratete sie Irwin Keinon und bekam zwei Kinder. Bis 1985 lebte Magot Cohen-Keinon in Denver, wo sie 1985 verstarb.

Im Oktober 1941 erhielten Jakob und Elise Cohen, die Information, dass sie deportiert werden sollten. Zuvor sollten sie noch eine detaillierte Vermögensaufstellung machen. Mitnehmen durften sie jedoch nur 100 Reichsmark, einen Koffer und Lebensmittel für 8 Tage. Am 26.10.1941 wurde das Ehepaar nach Litzmannstadt deportiert. Nach wenigen Monaten wurden sie im Vernichtungslager Chelmno am 7.5.1942 vergast.

Im Jahre 2000 wurde Herbert Keinon (Sohn von Margot Cohen/Keinon) als Korrespondent der "Jerusalem Post" vom Außenministerium eingeladen, die Bundesrepublik Deutschland zu besuchen. In diesem Zusammenhang kam er auch Goch. Herr Keinon besuchte das Stadarchiv und ging dort dem Lebensweg seiner Mutter nach.

Im Januar 2013 besuchte auch Margots Tochter Cindy mit ihrer Tochter Jessie Goch, nachdem sie zuvor Margots und Herberts Spuren in Amsterdam gefolgt waren.

Quellen:

  • (1) Brief von Laura Aldenhoven geb. Vondermans an Herb Keinon in: - http://www.peacemaker-gemeinschaft.de/Texte/Buchprojekt/Kapitel%201.htm
  • Email von Herb Keinon und Cindy Wolfe
  • (2) Judy Hoffman, Joseph and me, In the Days of the Holochaust , KTAV Publishing Company Inc., 1979, ISBN 0-87068-655-0
  • Stadtarchiv Goch, D 629, Auszug auf den Standesregistern des Standesamts Goch, betr. jüdische Einwohner von 1795-1945 und von 1799 in Goch geborene Kinder jüdischer Eltern. Geburten bis 1939 – Eheschließungen – Sterbefälle - Beerdigungsregister
  • Stadtarchiv Goch, Mitgliedslisten der israelitischen Gemeinde, des Männer-, Frauen-, und Sportvereins vom 1. April 1938. Wiener Library, StA Goch, Karton J4 - Gestapo Akten
  • Handschriftliches "Verzeichnis der Anfang 1933 noch in Goch wohnenden Juden" wohl nach 1945 von der Stadtverwaltung im Rahmen der Restitutionsverfahren aufgestellt, StA Goch, D630.
  • Ruth Benger, SHOAH (hebr. Vernichtung), Alphabetische Liste der jüdischen Gocher, in: Kalender für das Klever Land, 1989, S. 43-50
  • Geburtsurkunden von Elise und Emil Cohen - dankenswerterweise zur Verfügung gestellt durch die Stadt Edenkoben.
  • Drießen, Gocher Juden im Dritten Reich, Powerpoint-Präsentation des Stadtarchivs Goch
  • Bildquelle JHM 00004527_q veröffentlicht mit Erlaubnis des Jüdisch Historischen Museums Amsterdam - http://www.jhm.nl/collectie/fotos/40009827
  • Information über den Transport zum Ghetto Theresienstadt und KZ Auschwitz (Herbert Cohen) http://www.holocaust.cz/cz2/eng/victims/person/2183611

 

Stammbaum Familie Kern/Cohen

Ausführlicher Stammbaum der Familie Cohen/Kern

Ausführlicher Stammbaum der Familie Cohen bis zu Jakob Cohens Großvater

Bild von Margot Cohen

 

Nachname

Vorname

Geburtsort u. - datum

Gest., Ort

Straße

verheiratet

Kinder

Bemerkungen

-

COHEN

Jakob

28.6.1899 Sonsbeck

vergast am 7.5.1942 in Chelmno

Feldstr. 7
Klever Str. 27
Herzogenstr. 8
Weezer Str. 29
deportiert 26.10.1941 Litzmannstadt,
6.5.1942 deportiert Chelmno

Elise Kern

  • Herbert geb. 23.1.1931 Goch
  • Margot geb. 15.9.1932 Goch

Metzger, ab 1938 Hausmeister in der jüdischen Schule und Synagoge.
Am 26.10.1941 wurde er mit seiner Frau Elise ins Ghetto Litzmannstadt (PL) Litzmannstadt deportiert.

Dort lebte er bis zum 6.5.1942 und war als Metzger tätig. Von dort wurde er mit seiner Ehefrau nach Chelmno deportiert und am 7.5.1941 vergast.

k

COHEN
geb. Kern

Elise

28.7.1904 Edenkoben

vergast am 7.5.1942 in Chelmno

s.o.
Herzogenstr. 8
Weezer Str. 29

Jakob Cohen

  • s.o.

Am 26.10.1941 mit ihrem Mann ins Ghetto Litzmannstadt deportiert. Am 6.5.1942 wurde sie gemeinsam mit ihrem Mann nach Chelmno deportiert und am 7.5.1942 vergast.

k

COHEN

Herbert

23.1.1931 Goch

25.10.1944
für tot erklärt Auschwitz

Weezer Str. 29

Amsterdam Grensstraat 9
1.2.1943 deportiert Westerbork
5.4.1944
deportiert Theresienstadt
23.10.1944 deportiert Auschwitz

-
  • -
Er wurde am 29.12.1938 von einem Bekannten seiner Eltern mit seiner Schwester Margot in die Niederlande geschmuggelt. Zunächst kamen die Geschwister in das niederländische Kinderflüchtlingsheim Soesterberg. Ca. im Juli 1939 kamen sie in Amsterdam an und wurden dort bei Pflegefamilien untergebracht. Herbert lebte in Amsterdam in der Grensstraat 9. Am 11.2.1943 kam er im Durchgangslager Westerbork an und blieb dort für ca. 14 Monate. Mit dem Transport XXIV/5 wurde er am 5.4.1944 nach Theresienstadt deportiert. Nach einm halbjährigen Aufenthalt im Ghetto Theresienstadt wurde er am 23.10.1944 nach Auschwitz deportiert. Als Todesdatum wird auf Yadvashem in der "Liste der Niederlande" der 25.10.1944 angegeben.

k

COHEN

Margot

15.9.1932 Goch

1985
Denver/USA

Weezer Str. 29

Amsterdam

Topasstraat 14

-
  • Herbert Keinon
  • Cindy Wolfe

Sie wurde gemeinsam mit ihrem Bruder von einem Bekannten der Eltern in die Niederlande geschmuggelt und lebte während des Krieges in Amsterdam bei einer Pflegefamilie.1985 ist sie Denver/USA verstorben.

e

 

Jakob Cohen
1941 nach Litzmannstadt deportiert
verschollen Litzmannstadt

Herbert Cohen
lebte ebenfalls bei Pflegefamilien in Amsterdam. Er wurde 1944 über Theresienstadt nach Auschwitz deportiert und am 25.10.1944 für tot erklärt.

(NL-HaNA Justitie/Rijksvreemdelingendienst 2.09.45. inv. nr. 492)

Cohen Margot
überlebte bei Pflegeeltern in den Niederlanden
(Ausschnitt aus einem Bild des Jüdisch Historischem Museum in Amsterdam
JHM 00004527_q )

Elise Cohen
nach Litzmannstadt deportiert
für tot erklärt Litzmannstadt

Emil Kern, Händler
- Vater von Elise Cohen -
für tot erklärt Auschwitz

Caroline Kern, geb. Sonnheim
- Mutter von Elise Cohen -
5.12.1940 KZ Gurs (Frankreich)


Jüdische Synagoge und Schule
Wohnung der Familie Jakob Cohen im Jahr 1938

Die Familie Cohen lebte in der Hausmeisterwohnung der ehemaligen "jüdischen Schule", das auch als Gemeindehaus diente. Dort wohnten 1939 auch die Eltern von Elise , Emil und Caroline Kern.
Feldststraße 7
Ehemaliges Haus der Familie Vondermans/Aldenhoven.
In der ersten Etage wohnte die Familie von Jakob und Elise Cohen.
Hier wuchsen die Kinder Margot und Herbert auf.

Margot Cohen (rechts)
Margot Cohen verbrachte nach ihrer Flucht aus Deutschland ca. 7 Monate in einem jüdischen Flüchtlingscamp des niederländischen Protestantenbundes in Soesterberg, Juni-Juli 1939
( Bild veröffentlicht mit Erlaubnis des Jüdisch Historischem Museum in Amsterdam
JHM 00004527_q )

Dateiname: fcohenj.htm
Datum: 28.12.14
Erstellt von: Ruth Warrener
Fotografien:

Stadtarchiv Goch, Warrener, Jüdisches Historisches Museum Amsterdam, NL-HaNA