Voßstraße 12Die Familie Adolf Devries lebte in der Voßstr. 12 und betrieb dort eine Häute- und Fellehandlung. Adolf Devries hatte als Frontsoldat am Ersten Weltkrieg teilgenommen und das Eiserne Kreuz erhalten. Lange Jahre war er auch Vorsitzender der Gocher jüdischen Gemeinde. Seine Frau verstarb 1932. Seine Schwester Johanna wohnte seit 1938 in der Mühlenstr. 47. Sein Haushalt wurde von der Haushälterin Erna Auerbach geführt. Der einzige Sohn Max Adolf hatte am 29.9.1938 in Krefeld die Tochter des Krefelder Fabrikanten Max Gompertz, Esther Gompertz, geheiratete. Sowohl Max als auch Esther Devries hatten bereits zahllose Schikanen erlebt. Deshalb beschlossen sie, nach Australien auszuwandern. Esther Devries war als Mädchen vom Städtischen Lyzeum verwiesen worden, weil sie Jüdin war, und hatte danach ein Jahr in Schweden die Schule besucht. Die ältere Generation, d.h. Adolf Devries und Esthers Vater, Max Gompertz, der in Krefeld die zweit größte Mützenfabrik Deutschlands besaß, konnten sich trotz aller Drohungen und Einschränkungen nicht vorstellen, dass ihnen etwas ernsthaftes zustoßen könnte. In der Reichspogromnacht wurde das Geschäft der Familie zerstört und die Wohnung durchsucht. Max Devries wurde verhaftet und in Schutzhaft genommen. Er verbrachte 10 Tage in der Klever Krohnestraße. Durch Vermittlung seiner Schulkameraden Josef Derix und Hans Gerd Hiby hatte Esther Devries ihren Mann besuchen können. "Es war eines der schlimmsten Erlebnisse meines Lebens, als sich dort immer neue Türen hinter mir schlossen", erinnerte sich Esther Devries ca. 5 Jahrzehnte später bei einem Besuch in Goch. Kurze Zeit später emigrierten sie zunächst in die Niederlande und gingen dann am 12.12.1938 an Bord der "Melbourne", die sie nach Australien brachte. Beim Grenzübergang nach Nimwegen musste sich Esther Devries vollständig entkleiden und untersuchen lassen. Das Gepäck von Max Devries wurde auf der Zugfahrt von Goch nach Nimwegen viermal durchsucht. Am Ziel der Reise in Australien wurde ihnen in Perth zunächst einmal der Pass weggenommen. Als Staatenlose hatten das Ehepaar in einem von großer Arbeitslosigkeit heimgesuchten Land Schwierigkeiten, Arbeit zu finden. Max Devries arbeitete dann anfänglich als Fotograf und seine Frau Esther, die in einem reichen, großbürgerlichen Krefelder Haushalt aufgewachsen war, musste als Dienstmädchen arbeiten. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde Max Devries zur Armee eingezogen. Esther Devries arbeitete in einer Fabrik und fertigte Gasmaskentaschen an. 1944 nahm das Ehepaar die australische Staatsbürgerschaft an. Sie bekamen zwei Söhne. Später wurde Max Devries Betriebsleiter in einer Sauerkrautfabrik, die ein Vetter in Australien gegründet hatte. Sein sehnlichster Berufswunsch, Mediziner zu werden, konnte Max Devries nicht verwirklichen. Bis zu seinem Tode im Jahre 1984 hat er diesen Umstand nicht verwunden. In den ersten Monaten hatten Max und Esther noch Briefkontakt zu ihren Eltern. Gerüchte über Lageraufenthalteraufenthalte und Verschleppungen drangen zwar bis nach Australien, aber über das tatsächliche Geschehen in Deutschland konnte man sich dort keine Vorstellungen machen. So erfuhren sie erst nach dem Krieg, dass Adolf Devries im Ghetto Litzmannstadt (Lodz) verstorben war. Max und Ilse Gompertz, die Eltern von Esther, wurden in Auschwitz ermordet. Am 26.10.1941 wurde Adolf Devries mit seiner Haushälterin Erna Auerbach und drei anderen Gochern über Düsseldorf ins Ghetto Litzmannstadt deportiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte er sein Haus in der Voßstraße bereits aufgeben müssen und lebte mit seiner Hausangestellten Erna Auerbach in der jüdischen Sammelwohnung Weezer Straße 29. Auf der Reise durften die Betroffenen einen Koffer, Bettzeug und Reiseverpflegung sowie 100 RM mitnehmen. Das restliche Vermögen wurde beschlagnahmt. Im Jahre nach dem Tode ihres Mannes besuchte Esther Devries Goch und Krefeld. Johanna
Devries war Rentnerin und wohnte in der Mühlenstraße 47 in Goch. Sie
verließ Goch im Juli 1939 und zog zu ihrer Schwester Henriette
Themans nach Almelo (NL). Dort verstarb sie am 20.03.1941***
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Nachname |
Vorname |
Geburtsort u. - datum |
Gest., Ort |
Straße |
verheiratet |
Kinder |
Bemerkungen |
. |
DEVRIES |
Adolf |
28. 5.1876 Goch |
18.7.1942 Litzmannstadt |
Voßstr. 12 |
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Kaufmann, Pelzwaren, Häutehandlung, Adolf Devries war der letzte Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Goch. Am 26.10.1941 nach Litzmannstadt deportiert. |
k |
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DEVRIES |
Johanna |
9.1.1880 Goch |
20.03.1941 Almelo*** |
Voßstr. 12 /1938 Mühlenstr. 47 |
ledig Kaldenkirchen |
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k |
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DEVRIES |
Max-Adolf |
21.3.1914 Goch |
26.9.1984 Australien |
Voßstr. 12 |
Esther Gompertz |
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Mitinhaber der Fell- und Häutehandlung Moses Devries. Verließ Goch Ende 1938 Emigrierte am 12.12.1938 auf der Melbourne nach Australien |
e |
DEVRIES |
Esther |
Krefeld
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- |
- |
Max Devries |
. |
Emigrierte mit ihrem Mann Ende 1938 nach Australien |
e |
AUERBACH |
Erna |
7.8.1895 Telgte |
verschollen Litzmannstadt |
Voßstr. 12 |
ledig |
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Hausangestellte bei Adolf Devries |
k |
Adolf Devries |
Johanna Devries deportiert im Dezember 1941 verstorben Almelo (NL) 20.03.1941 |
Erna Auerbach |
Geschäft für Pelzwaren |
Grabstein von Frieda Devries, geb. Minkel, (p3_12) die rechte Seite wurde für Adolf Devries offengelassen. Leider konnte er nicht in Goch begraben werden, da er im Ghetto Litzmannstadt verstarb |
Dateiname: | fdevries.htm |
Datum: | 07.03.2015 |
Erstellt von: | Ruth Warrener |
Fotografien: | Stadtarchiv Goch |