Uedem Lohstraße 17 - Goch Voßstraße 12?Die Familie Devries gehörte zu den alteingessenen Uedemer Familien. Ein Vorfahre von Alexander Devries, namens Abraham Simon Devries, aus Vierlingsbeek heiratete in der Mitte des 18. Jahrhunderts Mendele Jacob aus Uedem und wurde dort ansässig. Alexander (Alex) Devries wurde am 22. Juni 1891 in Uedem geboren. Er besuchte dort die evangelische Grundschule und machte später eine Ausbildung zum Metzger. In der Lohstraße betrieb er später eine eigene Metzgerei. Darüber hinaus war er Vorsitzender der ca. 22-köpfigen jüdischen Gemeinde in Uedem. Am 25 Mai 1921 heiratete er Selma Frank aus Goch. Das Ehepaar hatte zwei Töchter. Hilde wurde am 1. August 1923 geboren und am 22. März 1926 kam die Tochter Ruth auf die Welt. Die Mädchen besuchten die evangelische Schule in der Keppelnerstraße bis es Juden verboten wurde eine öffentliche Schule zu besuchen. Sie konnten danach nur noch am Handarbeitsunterricht bei den Clemens-Schwestern teilnehmen. Auch zu anderen Kindern dürften sie kaum Kontakt gehabt haben, da der Umgang mit jüdischen Kindern seitens der Eltern oder seitens der Hitlerjugend oft untersagt wurde (6). Neben den vielen gesellschaftlichen Einschränkungen wurde auch die Aufrechterhaltung seiner Lebensgrundlage für Alex Devries immer schwerer. Unten stehender Vorfall zeigt deutlich, wie man durch Bespitzelung Geschäftsboykotte durchführen konnte, so dass Kunden aus Angst nicht mehr in der jüdischen Metzgerei einkauften.
Am Tag nach dem Novemberpogrom vom 09.11.1938, wüteten die SS-Truppen in Zivil auch in Uedem. Sie zündeten die Uedemer Synagoge an und zerschlugen die Fensterscheiben der jüdischen Geschäfte. Anschließend zerstörten und plünderten sie diese. Auch das Geschäft von Alex Devries wurde total zerstört (5). Alex Devries wurde wie viele jüdische Männer in so genannte "Schutzhaft" genommen. Vermutlich wurde er wie viele andere männliche Juden unserer Region in das Klever Gefägnis gesperrt und später in das KZ Dachau transportiert, wo er am 17.11.1938 ankam und als Häftling Nr. 29942 geführt wurde (16). Am gleichen Tag kamen auch 4 Gocher im KZ Dachau an, Frierich Bruckmann, Otto Hertz, Otto Stern und Walter Valk. Am 22.12.1938 kehrte er mit kahlgeschorenem Schädel wieder zurück. Am 24.4.1940 wurde Alex Devries vor dem Feldkriegsgericht angeklagt. Er wurde beschuldigt, Lebensmittel aus der Feldküche der 256 Division, die in seiner Schlachterei untergebracht worden war, unterschlagen zu haben. Alexander Devries wurde daraufhin zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt (5). Er kam zunächst ins KZ Sachsenhausen und wurde am 06.09.1940 von dort ins KZ Dachau überstellt (Häftlingsnummer 18533). Von dort bekam seine Ehefrau Selma eine vorgedruckte Karte zugeschickt: "Es geht mir gut, ich befinde mich in verschärfter Haft". Die Karte war grußlos mit Alex Israel Devries unterschrieben. Kurze Zeit später erhielt Selma eine weitere Karte, die sie informierte, dass ihr Ehemann am 5.2.1941 verstorben sei. Wenn die Familie die Urne haben wolle, solle sie 15 Reichsmark zuschicken (14). Alex Devries wurde auf dem Gocher Friedhof an der Kalkarer Straße bestattet. Wie es zu dieser Verhaftung kam erläutert unten stehende Quelle.
Ende November 1941 erhielt Selma Devries die Nachricht, dass sie und ihre Töchter nach Riga deportiert werden sollte. Sie erhielt die Information, dass sie 50,- Reichsmark einen Koffer, vollständige Bekleidung, Bettzeug, Verpflegung für 21 Tage und Marschverpflegung für 3 Tage sowie Eßbesteck mitnehmen durfte. Wertgegenstände und ihr restliches Vermögen müsse sie zurücklassen. Es wurde vom Staat eingezogen. Selma Devries verkaufte und verschenkte Gegenstände aus ihrem Besitz – Möbel, Geschirr usw. – an Bekannte und Nachbarn (6). Am 10. Dezember 1941 machten sich Selma und ihre Töchter mit wenigen Habseligkeiten, die sie auf eine Schubkarre geladen hatten, auf den Weg nach Goch. Gemeinsam mit einigen jüdischen Einwohnern aus Goch und ihrer Schwester Johanna Herz geborene Frank wurden sie nach Krefeld und anschließend nach Düsseldorf gebracht, wo sie in einer Schlachthalle bei Minustemperaturen übernachten mussten.
Nach mehreren Jahren Aufenthalt im Ghetto Riga und im KZ Stutthof, wo sie Zwangsarbeit verrichten und unter schlimmsten Bedingungen leben mussten, wurden die auf dem Todesmarsch von Stutthof nach Oranienburg erschossen, als sie zu erschöpft waren, um weiterzugehen. Von den 1000 Personen, die sich auf diesem Todesmarsch befanden überlebten nur 40. Unter ihnen war Erna Valk aus Goch. Ob Selma Devries und ihre Kinder 1939 irgendwann in Goch gelebt haben, wird in der Literatur widersprüchlich diskutiert (14). Fest steht, dass sie nicht in den israelitischen Gemeindelisten als Zugang benannt werden. Vermutlich handelt es sich um eine Verwechselung von Alexander Devries aus Uedem und Adolph Devries aus Goch. Beide waren Vorsteher der jeweiligen jüdischen Gemeinde. Da aber ein Zweifel über ihreren Aufenthalt in Goch besteht, soll der Familie trotzdem auf dieser Seite gedacht werden.
Nach den Geschwister Ruth und Hilde Devries wurde später die Katholisch Bekenntnisgrundschule in Uedem als Geschwister Devries Grundschule benannt. An Alex Devries erinnert die Alex-Devries Straße in Uedem. Quellen:
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Alexander Devries, STaG | ||||||||
Hilde und Ruth Devries, Quelle 5 |
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Die Familie Devries wohnte in Uedem in der Lohstraße, Haus Nr. 17 |
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Plakat zur Reichspromnacht in Goch. Die Uedemer Synagoge lag war ein Gebäude des ehemaligen Agathaklosters am Agathawall. |
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Geschwister Devries Schule. Sie wurde nach den beiden Schwestern Ruth und Hilde Devries benannt. |
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Nachname |
Vorname |
Geburtsort u. - datum |
Gest., Ort |
Straße |
verheiratet |
Kinder |
Bemerkungen |
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DEVRIES |
Alexander |
22.6.1891 Uedem |
5.2.1941 Dachau |
Uedem Lohstr. 17
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Selma geb. Frank 25.5.1921 in Goch |
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Metzgermeister in Uedem, Lohstr. 17 |
k |
DEVRIES |
Selma |
3.10.1891 |
auf dem Todesmarsch von Stutthof nach Oranienburg |
Uedem Lohstr. 17 |
Alexander Devries |
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Selma und ihre Kinder Ruth und Hilde haben ebenfalls nicht in Goch sondern hauptsächlich in Uedem gewohnt. |
k |
DEVRIES |
Hilde |
1.8.1923 Uedem |
Todesmarsch von Stutthof nach Oranienburg |
Uedem Lohstr. 17 |
ledig |
- |
Am 10.12.1941 von Uedem nach Riga deportiert |
k |
DEVRIES |
Ruth |
22.3.1926 Uedem |
Todesmarsch von Stutthof nach Oranienburg |
Uedem Lohstr. 17 |
ledig |
- |
Am 10.12.1941 von Uedem nach Riga deportiert |
k |
von links: Walter Stern, Alexander Devries, Jakob Cohen und Simon Hertz |
Hilde Devries |
Ruth Devries |
Dateiname: | fdevrieal.htm |
Datum: | 11.02.2013 |
Erstellt von: | Ruth Warrener |
Fotografien: | STaG Goch, Quelle 5, R. Warrener |