Rede von Robin Devries (04.06.2014)
englisch
Die heute verlegten Stolpersteine, die Spuren über das Leben
meines Großvaters, meines Vaters und seiner Tante hinterlassen,
sind viel mehr als einfache Denkmäler. Für mich stellen sie nicht nur
die symbolische Rückkehr in ihre Heimat nach so vielen Jahren, nach so
vielen zerstörten Hoffnungen und Erwartungen dar, sondern dienen
vielmehr als Erinnerung an alle, die vorbeigehen, an eine
Vergangenheit, die viele immer noch gerne vergessen würden.
Die einfachen Inschriften auf diesen Steinen sind nicht nur kurze
Fakten, sondern Fragen, die es zu beantworten gilt – So war es auch für
mich – für jemanden, der es hätte wissen müssen!
Ich bedanke mich bei Ruth Warrener, dass sie Kontakt zu mir aufgenommen
und mich dazu angeregt hat, das zu tun, was ich schon vor Jahrzehnten
hätte tun sollen. Das Wissen um die Stolpersteinverlegung bewirkte,
dass ich mich mit den Negativen, Familienalben und anderen
Erinnerungstücken meines Vaters beschäftigte. Sie öffneten ein
Fenster für mich, dessen Existenz ich nicht gekannt hatte.
Ich sah meinen Vater als jungen Mann. Er wollte, was wir alle wollen:
Familie, Karriere, Liebe und Erfüllung. Dies war nicht der Vater den
ich kannte – ein zorniger, intoleranter und in sich
zurückgezogener Mann, der sich vor allem fürchtete, dass das geringste
Risiko beinhaltete. Nun als ich endlich durch das Fenster der
Vergangenheit zurückblickte, verstand ich endlich. Ich verstand, welche
Auswirkungen die Ereignisse in der Zeit des Nationalsozialismus auf ihn
- und die damalige jüdische Generation hatte. Ihr wurde versagt, in
Würde, in Freiheit, in Erfüllung zu leben und sie wurde ihrer
Möglichkeiten beraubt. Darüber hinaus verstand ich auch, wie viel Glück
wir haben in friedlichen Zeiten mit all den Freiheiten einer modernen
Welt zu leben.
Wir schulden ihnen etwas und die einzige Art diese Schuld zu
begleichen, ist dafür zu sorgen, dass ihre Entbehrungen nicht vergebens
waren. Die Stolpersteine stellen die erste Rückzahlung dieser großen
Schuld dar. Wir müssen außerdem die Erinnerung wach halten und die
Geschichte unseren Kindern und Enkelkindern erzählen. Wir müssen das
Beste aus unseren Möglichkeiten und unser Freiheit machen, um sicher zu
stellen, dass sich ihre schreckliche Geschichte nicht wiederholt.
Im Namen der ganzen Devries Familie, in der Vergangenheit und in
Zukunft, danke ich Gunter Demnig für diese Projekt, den Menschen der
Stadt Goch danke ich dafür, dass sie die Notwendigkeit der Verlegung
von Stolpersteinen erfasst hat, Ruth Warrener und den anderen
Mitgliedern der Stolpersteininitiative danke ich, dass sie dies
ermöglicht haben. Ich bin Ihnen allen ewig dankbar.
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