Rede - Rahel Schaller - Voßstraße 5
Die Geschwister Bruckmann lebten in der Bäckerei, die von
ihrem Vater Gottfried gegründet worden war. Fritz Bruckmann war
Bäckermeister und führte mit seiner Frau Rosa das Geschäft. Sein
Geschäft war weit und breit für die Herstellung von Matzen bekannt.
Durch Kaufboykotte und die Weigerung der Lieferanten, ihn weiter mit
Mehl zu beliefern, musste Fritz Bruckmann im Dezember 1938 sein
Geschäft aufgeben. In der Reichspogromnacht wurde die Bäckerei zerstört
und Fritz wurde ins KZ Dachau deportiert. Am 22. Dezember kehrte er
nach Goch zurück. Fritz musste sein Haus verkaufen und mit Rosa und
Jenny in die „Judensammelwohnung“ Weezerstraße 29 ziehen.
Als ein befreundeter Bäcker namens Josef Lendemann, Fritz
Bruckmann einstellte, wurde er von zwei bekannten SA-Männern angezeigt
und auf allen Bekanntmachungstafeln der Stadt war folgender Spruch
angeschlagen:
„Willst du essen koschere
Brötchen, geh zu Lendemann, diesem armen Knötchen.“
Das Geschäft der Bäckerei Lendemann ließ daraufhin stark nach. Niemand
traute sich, dort einzukaufen. Das Geschäft stand unter ständiger
Beobachtung durch die SA.
Der Bruder Arthur war Metzger und später wahrscheinlich Chauffeur. Er
wird auf vielen Fotos von Max Devries mit einem Wagen dargestellt.
Zwischen den Nachbarn Devries und Bruckmann bestanden freundschaftliche
Beziehungen. Arthur und Max Devries waren Mitglieder eines jüdischen
Fußballvereins. Jenny, Arthur und Max sind bei vielen Feiern gemeinsam
auf Bildern zu sehen. Es ist anzunehmen, das Arthur ebenso wie Max
Devries in der Reichspogromnacht verhaftet wurde. Aufgrund der bereits
vorliegenden Auswanderungsdokumente wurde er jedoch nicht wie sein
Vater ins KZ Dachau geschickt. Anfang 1939 wanderte er gemeinsam mit
seiner Ehefrau Betty, geb. Samuel, aus Köln, in die Vereinigten Staaten
aus. Er bestieg am 28. Januar 1939 in Rotterdam das Schiff Volendam und
kam 10 Tage später in New York an. Später zogen sie nach Cinncinati in
Ohio, wo Arthur 1973 verstarb.
Fritz und seine Frau Rosa sowie die Schwester Jenny Bruckmann sind von
Goch aus im Dezember 1941 nach Riga deportiert worden. Dort mussten
alle schwere Zwangsarbeit leisten.
Im Ghetto Riga arbeitete Fritz Bruckmann bei einem
Arbeitstrupp, der im Zentralgefängnis kaserniert war. Diese Truppe
hatte die Aufgabe, im Hochwald von Riga Gräber auszuheben. In diesem
Hochwald wurden tausende Juden erschossen und vergraben. So wurde
alleine am 12. Februar 1942 aus dem Ghetto 1500 ältere und kranke
Menschen im Hochwald ermordet. Die Mitglieder dieser Arbeitstruppe
starben fast alle am Hungerstod oder wurden selbst erschossen. Fritz
Bruckmann gelang es, diesen Einsatz zu überleben. Später kam er ins
litauische KZ Kaunas und am 2. August 1944 ins KZ Dachau. Dort verstarb
er am 5. Dezember 1944 im Alter von 45 Jahren.
Jenny und Rosa Bruckmann mussten im Ghetto Riga wie alle
Deportierten schwere Zwangsarbeit leisten. Nach der Auflösung des
Ghettos kamen sie ins KZ Stutthoff. Rosa verstarb dort im Juli 1944.
Sie war 33 Jahre alt. Das genaue Todesdatum von Jenny ist nicht
bekannt. Da ihr Todesdatum nicht in Stutthof aufgeführt wird, ist sie
wahrscheinlich auf einem der Todesmärsche vom KZ Stutthof zurück ins
Deutsche Reich verstorben. Jenny war 43 Jahre alt.
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