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Rede - Ruth Warrener - Familie Bruch/Meyer


Stolpersteine Zeremonie 5D

Hier an der Adresse Mühlenstraße 5 hatten Joseph und Sibilla Bruch ein Geschäft für Haushalts- und Küchenwaren.

Sie hatten eine Tochter namens Grete. Sie heiratete in den 30er-Jahren Emil Meyer aus Heimerzheim. 1937 und 1939 wurden Edith und Gideon als letzte jüdische Kinder in Goch geboren. Alle lebten lange Zeit gemeinsam über dem Geschäft. Die Enkelkinder wurden der Lebensinhalt ihrer Großeltern.
In der Reichspogromnacht wurde das Haushaltswarengeschäft geplündert und zerstört. Wenige Monate später musste die Familie das Geschäft schließen. Wie Augenzeugen aus Goch berichten, haben sich Mitglieder der Hitlerjugend häufig auf der anderen Straßenseite vor dem Geschäft versammelt und Kunden davon abgehalten, dort einzukaufen.

Im Dezember 1941 erhielt Grete die Nachricht, dass sie mit ihrer vierjährigen Tochter Edith und ihrem zweijährigen Sohn Gideon nach Riga in Lettland deportiert werden sollte. Grete war zu diesem Zeitpunkt 29 Jahre alt. Sie durfte 50 Reichsmark, einen Koffer und Verpflegung für einige Tage mitnehmen. Alle Wertpapiere und Wertsachen musste sie zurückgelassen. Ihr Mann Emil lebte zu dieser Zeit aus beruflichen Gründen in Köln und wurde von dort aus nach Riga deportiert.
Am Morgen des 10. Dezember wurden Grete und ihre Kinder mit der Familie Valk, der Familie Bruckmann und der ledigen Haushälterin Henriette Rosenbaum mit dem Zug nach Düsseldorf gebracht. Vom Düsseldorfer Hauptbahnhof aus mussten sie zu Fuss bis zum Bahnhof Derendorf laufen. 

Erna Valk berichtet darüber in einem Bericht, den sie nach dem Krieg erstellt hat:

"Wir mussten mit unserem Gepäck ziemlich schnell laufen. Alte, Kranke, Kinder. Es gab Fußtritte. Die Düsseldorfer standen an den Fenstern und Türen und einige weinten. Die Schlachthalle nahm uns auf, wo wir zu einem Transport von 1000 gesammelt wurden. Wir standen in der nassen Halle, ca. 24 Stunden. Jeder Einzelne wurde einer Leibesvisitation unterzogen, und es wurden ihm alle wertvollen Sachen, doppelte Leibwäsche und das gesamte Reisegepäck abgenommen, ebenso alle Papiere. Am anderen Morgen standen wir stundenlang an einem Düsseldorfer Güterbahnhof. Die Kinder lagen im Schnee und weinten. Endlich fuhr unser Extrazug ab nach Riga. "

Es folgte eine 3-tägige Zugfahrt in einem kalten Zug ohne Wasser und Verpflegung. Insgesamt wurden in diesem so genannten „Düsseldorfer Transport“  1007 Juden nach Riga transportiert. Als sie am Bahnhof Skirotava bei Riga ankamen, mussten sie bei -10° C 10 km bis zum Stadtzentrum laufen. Es ist unvorstellbar, wie Grete dies mit zwei kleinen Kindern und Gepäck schaffen konnte.
Über die Ankunft im Ghetto berichtet Erna Valk Folgendes:

"SS-Posten brachten uns in das Ghetto-Riga. Das war ein Stadtviertel, worin früher die Verbrecherwelt gewohnt hatte und wo man später sämtliche Juden Rigas zusammengepfercht hat. Einige Tage vor unserem Einzug in das Ghetto wurden diese dort umgebracht. Es waren mehr als 24.000. Das Blut lag noch auf der Straße und wir dachten, dass uns dasselbe Los beschieden wäre. Doch uns sollte man nach Goebbels´ Äußerung langsam eingehen lassen - wie Blumen, denen man kein Wasser gibt. Die Wohnungen, in die wir hineingetrieben wurden, waren in einem fürchterlichen Zustande, ähnlich denen nach einem Bombenangriff. So hatte die SS dort gehaust. Alles Wertvolle hatten sie geraubt. Die Schränke waren umgeworfen und alles lag durcheinander. Das gefrorene Essen stand auf dem Tisch, so wie die Menschen ihn verlassen hatte, als die Mörder kamen. Ich war sehr unglücklich, und trotzdem musste ich wie die anderen darangehen, die kleine Stube aufzuräumen, welche für 3 Familien ausreichen musste. Wir suchten und fanden in Abfallgruben gefrorene Kartoffeln und Möhren, die wir uns kochten. Der Hunger war schon groß und trieb´s herein. Die ersten 8 Tage keine Lebensmittelzuteilung und das, war wir essen mussten, füttert man hier nicht den Schweinen. Später bekamen wir 230 gr. Brot täglich und etwas Nährmittel."

Im Ghetto musste jeder eine Arbeit annehmen. Wie Erna Valk berichtete, wurden die Düsseldorfer Frauen zum Schneeschüppen abkommandiert. Was geschah in dieser Zeit mit Edith und Gideon? Ob ihr Vater bei ihnen wohnte oder ob er in einem auswärtigen Arbeitskommando tätig war, ist nicht bekannt. Ohne Arbeit bekam man keine Lebensmittelzuwendungen. Das war ein Teufelskreis für Grete. Die Kinder werden nicht lange überlebt haben. Vermutlich sind sie an Mangelernährung und an den mangelhaften hygienischen Zuständen gestorben. Sollten sie dennoch - wie durch ein Wunder - bis zu Auflösung des Ghettos 1943 gelebt haben, so wurden sie wie alle anderen Kinder spätestens im November 1943 nach Auschwitz transportiert und dort vergast.

Ab August 1944 wurden die Häftlinge ins KZ Stutthof bei Danzig evakuiert. Dort mussten sie harte Zwangsarbeit leisten, bis im Januar 1944 die Todesmärsche Richtung Oranienburg bei Berlin begannen. Auf diesem Weg blieb Grete schwer krank unbemerkt im Straßengraben liegen. Auf diese Weise überlebte sie. 

Auch ihr Ehemann Emil war in Stutthof. Er hat das Konzentrationslager aber nicht überlebt oder ist wahrscheinlich auf einem der Todesmärsche gestorben.
Als Grete nach Goch zurückkehrte, erfuhr sie, dass sie die einzige Überlebende ihrer Familie war. Ihr Vater Joseph Bruch war einige Tage nach ihrer Deportation verstorben. Ihre Mutter war im Juli 1944 mit dem so genannten Altentransport ins Ghetto Theresienstadt deportiert worden. Gocher erinnern sich noch, dass sie mit einem offenen Lastwagen abgeholt und zum Zug gebracht wurde. Sibilla überlebte noch zwei Jahre im Ghetto und wurde dann auf einen Transport nach Auschwitz gebracht. Dort wurde sie am Tag ihrer Ankunft im Alter von 69 Jahren vergast. 

Grete baute in Goch ein Geschäft für Haushalts- und Galanteriewaren auf und heiratete 1948 den Eisenbahner Werner Heppe. Aufgrund der Zwangsarbeit und Mangelernährung erkrankte Grete schwer und verstarb 1956 im Alter von 44 Jahren.

04.06.14 Ruth Warrener





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Leni Valk
Leni Valk 1933-1943

Leni Valk
1933-1943


In diesem Jahr wäre Leni 80 Jahre alt geworden. Dies war ihr jedoch nicht vergönnt. Sie wurde im Alter von 10 Jahren im Vernichtungslager Sobibor vergast. So dass sich am 21. Mai ihr 70. Todestag jährt.

Jüdische Kinder aus Goch ...

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Stolpersteinprojekt des Künstlers Günther Demnig

Stolperstein Selma Devries

Der Künstler Gunter Demnig hat das Stolpersteinprojekt ins Leben gerufen. Er möchte an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, indem er vor ihren letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einlässt. Stolpersteine wurden bereits in mehr als 500 Orten Deutschlands und in mehreren andern europäischen Ländern verlegt.

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Dateiname:
goredmuehl5.html
Datum:
08.06.14
Erstellt von :
R. Warrener
Text von:
R. Warrener
Fotografien:

(B1) R.Warrener cc-by-sa