Gedenken an die Familie Koopmann / Hoffmann /Brünell
Wir gedenken hier der Familie Brünell/Koopmann, die an
dieser Stelle wohnte und ihr Bekleidungsgeschäft führte. Dabei haben
wir einzelne Personen herausgesucht, die in einem ersten Schritt
stellvertretend vorgestellt werden sollen.
Im zweiten Teil des Gedenkens wird ein fiktiver Dialog
über die letzten Stunden des Lebens von Hertha Brünell und ihren beiden
Kindern Herbert und Hannelore berichten.
Johanna Koopmann
Johanna Koopmann (geb. Gerson ) wurde am 3.6.1870
geboren. Sie war mit Jakob Koopmann verheiratet. Zusammen hatten sie
fünf Kinder (Anna, Edith, Hertha, Helene und Hildegard). Nach dem Tod
ihres Mannes 1912 führte sie an dieser Stelle das größte
Konfektionsgeschäft in Goch. Ihr Schwiegersohn Siegmund Brünell
übernahm anschließend die Leitung des Geschäfts, bis die Familie 1938
gezwungen wurde ihr Geschäft aufzugeben und nach Düsseldorf zog. Dort
verstarb sie am 18.12.1941 eines natürlichen Todes.
Siegmund Brünell:
Siegmund Brünell wurde am 11.6.1892 in Brühl geboren. Er
heiratete Hertha Koopmann und bekam mit ihr zwei Kinder. Er arbeitete
im Textilgeschäft der Familie Koopmann und wurde zum Geschäftsführer
nach dem Tod von Herthas Vater, bis zur Zwangsaufgabe 1938. Am 22.
September 1938 stellte er für die ganze Familie Passanträge für die
Auswanderung. Doch dann fing die Gestapo 1939 ein Päckchen der Familie
mit Geld und Goldschmuck ab und verhaftete das Ehepaar wegen
Devisenvergehen und Beihilfe zur illegaler Auswanderungen anderer
Juden. Siegmund wurde im Düsseldorfer Polizeigefängnis inhaftiert und
1940 in die Strafanstalt Derendorf überführt. Dort gelang ihm am 3. Mai
1940 die Flucht und er ging nach Shanghai. Nach dem Krieg wanderte er
dann nach Amerika aus.
Hertha Brünell
Hertha Brünell, geborene Koopmann, wurde am 06. Oktober
1896 in Goch geboren. Ihre Eltern hatten ein Textilgeschäft. Nach der
Heirat mit Siegmund Brünell bekam sie zwei Kinder. Kurz darauf mussten
sie ihr Geschäft aufgeben und die gesamte Familie musste 1941 nach
Düsseldorf ins Judenhaus ziehen. Aufgrund eines Missverständnisses
wurden sie wegen „Beihilfe zur Flucht anderer Juden“ angeklagt. Hertha
und ihre beiden Kinder wurden im Oktober 1941 ins Ghetto Litzmannstadt
(in Polen) deportiert. Sie lebten dort in einer Sammelunterkunft und
wurden aufgrund einer „Aussiedlungsaktion“ nach Chelmno gebracht.
Dort wurde sie vergast. Sie starb im Mai 1942 im Alter von 45 Jahren.
Hannelore Brünell
Hannelore Brünell wurde am 14.Dezember 1930 in Goch
geboren. Sie war die Tochter von Siegmund und Hertha Brünell. Ihr
Bruder war Herbert Brünell. Sie wohnte über dem Laden ihrer Eltern in
der Voßstraße 14-16. Nachdem Boykott ihres Geschäftes zogen sie im März
1938 nach Düsseldorf in die Himmelgeister Straße 5. Von dort wurde sie
1941 deportiert nach Litzmannstadt und am 7.5.1942 wurde sie mit ihrer
Mutter Hertha und ihrem Bruder Herbert in Chelmno vergast. Sie starb im
Alter von 11 Jahren.
Herbert Brünell
Herbert Brünell wurde am 08. Juni 1926 in Goch geboren.
1932 wurde er in die evangelische Volksschule eingeschult. Im März 1938
musste er mit seiner Familie nach Düsseldorf ziehen. Drei Jahre später
begleitete er seine Mutter und seine Schwester ins Ghetto
Litzmannstadt. Dort herrschten fürchterliche Bedingungen. Sechzig bis
Siebzig Personen wurden in einem eiskalten Schulzimmer einquartiert. Am
04. Mai 1942 wurde er dann nach Chelmno „ausgesiedelt“. Dort wurde er
kurz nach der Ankunft im Alter von 15 Jahren vergast.
Der letzte Weg der Familie Brünell
Der fiktive Dialog
zwischen der Mutter Hertha Brünell und ihren Kindern Hannelore und
Herbert beschreibt ihren letzten Weg im Frühjahr 1942. Er begann am
Bahnhof Radegast des Gettos Litzmannstadt.
Mutter: Was machen
Sie da?
SS: Wir nehmen Ihr
Gepäck weg.
Hannelore:
Mama, ich habe Angst.
Sie gehen zum Zug.
Hannelore: Mama, wo
fahren wir hin?
Mutter: Ich weiß es
nicht.
Herbert: Hannelore,
komm, wir müssen einsteigen.
Sie
steigen ein.
Nach einiger Zeit...
Hannelore: Wie
lange dauert es noch?
Mutter: Ich
weiß es nicht.
Herbert:
Merkt ihr das, wir werden langsamer!
Mutter: Du
hast Recht.
Sie
sehen aus dem Fenster. Der Zug hält am Bahnhof Kolo.
Hannelore: Gar
nicht übel hier.
SS: Tempo!
umsteigen auf Gleis 5!
Hannelore:
Schade, ich dachte wir wären am Ziel.
Herbert: Ja,
Genau, schnell.
SS: Los,
schneller jetzt!
Der
Zug fährt los. Kurze Zeit später hält er in Powierzy.
Herbert: Das war
eine kalte Fahrt.
Hannelore: Jetzt
sind wir da oder?
Mutter: Ja, mal
sehen, was uns erwartet. Ich fürchte nichts Gutes.
SS: Aussteigen! Mir
folgen!
Sie
gehen zu Fuß weiter.
Herbert:
Hannelore, kannst du noch?
Hannelore: Es geht.
Siehst du die Mühle?
Herbert: Ja,
Ortsschild von Zawadki.
Mutter: Richtig.
SS: Los, rein in
die Mühle!
Sie
legen sich hin.
Herbert: Gute
Nacht, erholt euch. Morgen ist es bestimmt nicht mehr weit.
Hannelore: Du dich
auch. Bis morgen.
Mutter: Gute Nacht
Kinder.
Die
SS schließt die Tür.
Mitten in der Nacht
Herbert: Was ist
denn jetzt los?
Hannelore: Hilfe!
SS: Steigt in den
LKW!
Herbert: Was wird
das?
Hannelore: Hilfe!
Kurze
Zeit später...
Hannelore: Wohin
fahren wir? Ich hab Angst.
Mutter: Ich weiß es
nicht. Es wird schon alles gut gehen.
Sie
gelangen ins Ortslager Chelmno und kommen an ein Herrenhaus, das von
Bretterzäunen umgeben ist.
SS: Nach der Reise
könnt ihr euch jetzt waschen, dann geht’s auf zum Arbeiten.
Mutter: Gut, danke.
SS: Hier lang.
Bewegung!
Wenig
später betreten sie einen Gaswagen.
Herbert: Was machen
wir hier, Mama Warum müssen wir uns ausziehen?
Mutter: Ich weiß es
nicht, Liebling. Wir müssen unsere Kleider desinfizieren und baden
gehen.
Herbert: Das ist
komisch.
Hannelore: Du hast
Recht. Ziemlich merkwürdig.
Herbert: Oh, die
Tür ist zu!
Hannelore: Es
qualmt!
Das waren ihre letzten Worte.
Alle Texte wurden von der
Klasse 9b des Collegium Augustinianum Gaesdonck (Schuljahr 2014/15)
selbstständig erarbeitet.
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