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Reden - Nordring 4
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Zeremonie für die Familie Stern (14.12.2015) Im folgenden lesen wir einen fiktiven Brief von Rolf-Peter Stern an seine Tante Wilhelmine in Großbritannien vor. Rotterdam, .8. April
1943
Liebe Tante Minna, heute habe ich die Nachricht erhalten, dass ich ins Durchgangslager Westerbork fahren, muss. Wie du weißt lebe ich seit Mitte letzten Jahres bei Onkel Frits und Tante Elisabeth. Ich nenne sie Onkel und Tante aber eigentlich sind sie nur entfernt mit Ur-Opa Louis Hartog verwandt. Trotzdem haben sie mich aufgenommen, als ich meine Eltern verloren habe. Den Tag werde ich nicht vergessen. Es war der 27. August 1942. Einige Tage vorher hatte Mama die Nachricht erhalten, dass wir nach Westerbork und dann in den Osten reisen sollten. Papa war vor ca. zwei Monaten verhaftet worden, weil er heimlich einen englischen Sender gehört hat. Auch er stand auf der Transportliste. Am Morgen des 27. August weckten mich Nachbarn und brachten mich zur Familie Samuel. Ich wusste nicht was los war. Kurze Zeit später erzählte man mir, dass meine Mutter gestorben sei. Ich war nun ganz alleine. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Breda, Henry Samuel, informierte daraufhin die Verwandten meines Ur-Großvaters in Den Haag. Onkel Frits holte mich ab. Seitdem wohnte ich bei der Familie van Iterson in Rotterdam. Mein Vater ist mit einem Transport Richtung Osten geschickt worden. Ich frage mich, was er dort macht und wie es ihm geht. Immer wieder muss ich an einem neuen Ort leben. Als ich sechs Jahre alt war zogen wir nach Breda. Dort hat es mir gefallen ich konnte endlich zur Schule gehen. In Deutschland war das nicht möglich gewesen. Ich besuchte zunächst die niederländische Schule. Nach der Besetzung von Holland durch die Deutschen musste ich im Januar 1942 auf die jüdische Schule gehen. Auch hier in Rotterdam bin ich zur Schule gegangen. Schon in Breda trugen wir auf unserer Kleidung alle einen Judenstern. Nun muss ich ganz alleine nach Westerbork fahren. Dort werde ich vermutlich ins Waisenhaus kommen. Ob ich dort auch zur Schule gehen kann? Die Eltern von Tante Elisabeth, Michael und Helena de Vries, sind auch Juden. Sie sind auch schon deportiert worden. Aber Onkel Frits ist Christ. Deshalb werden sie nicht ins Lager gebracht. Ich war gerne bei Ihnen. Nun bin ich traurig, dass ich sie verlassen muss. Ich habe Angst ganz alleine in dieses Lager zu fahren. Liebe Grüße dein Neffe Rolf–Peter
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Stolpersteine in Goch |
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Stolpersteinverlegung Hermann Epstein Lina Epstein Max Epstein Bahnhofstraße 26 |
Stolpersteinprojekt
des Künstlers Günther Demnig |
Der Künstler Gunter Demnig hat das Stolpersteinprojekt ins Leben gerufen. Er möchte an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, indem er vor ihren letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einlässt. Stolpersteine wurden bereits in mehr als 500 Orten Deutschlands und in mehreren andern europäischen Ländern verlegt. |
Dateiname: |
gored1412_nordring4.html |
Datum: |
29.12.15 |
Erstellt von : |
R. Warrener |
Text von: |
R. Warrener |
Fotografien: |
R. und G. Warrener |