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Reden - Herzogenstraße 21
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Zeremonie 14.12.2015 – Joanne
Meijerink-Spanier Jacob Spanier wurde am 4.10.1807 als erster Sohn von Benjamin Spanier und Sarah Kaufman in Kalkar geboren, .1839 heiratete er Julia Behr, geboren in Rees. 1840 zog er nach Goch, wo er eine Zigarrenfabrik gründete. Jacob und Julia bekamen 5 Kinder: Benjamin im Jahr 1841 - Eduard im Jahr 1842 – Michael im Jahr 1844 – Julia im Jahr 1847 – Simon im Jahr 1850. Jacob starb 1901 in Goch und liegt auf dem alten jüdischer Friedhof begraben. Michael Spanier heiratet Rosette Koppel. Sie bekamen 4 Söhne: Joseph im Jahr 1878, er starb 1937 in Bornheim – Heinrich im Jahr 1879, er starb mit seiner Frau Rosa Weinberg in Auschwitz – Leo im Jahr 1880, er heiratete seine Cousine Martha Spanier, Tochter von Simon, beide starben in der 70er-Jahren in Deventer – und Bernhard im Jahr 1882, er heiratete Hannah David, beide starben auch in Deventer und liegen auf dem Jüdischen Friedhof in Deventer. Michael Spanier war Zigarrenfabikant. Er hat diesen Betrieb von seinem Vater Jacob übernommen. Und noch viel später, kam der Sohn Leo nach seiner Militärzeit in den Betrieb. 1939 flohen Leo und Martha in die Niederlande, um en Grausamkeiten der Nazis zu entkommen. In Hengelo in den Niederlanden, haben sie bei der Familie Meijer den Krieg überleben können. Nach dem Krieg zogen sie nach Deventer. In 1972 starben sie kurz nach einander. Der Sohn Heinrich und seine Frau Rosa wurden in Auschwitz getötet. Genau so wie der Sohn Curt. Er wurde in Oranienburg erschossen. Die Tochter Lotte war in Auschwitz und überlebte den Krieg. Großvater Bernhard, seine Frau Hannah und seine Familie überlebten die Grausamkeiten. Auch seine Söhne Werner und Heinz überlebten. Werner Spanier war mein Vater. In 1959 sind wir als Familie hier in Goch gewesen. Der Anlass war die Bar Mitswe meines Bruder Bernd. Mein Vater Werner – Mutter Hetty – Bruder Bernd – Schwester Elly – Ich und Großmutter Hannah. Hier haben wir gestanden in dieser Strasse. Es war nur noch eine Ruine da! Der Boden des Hauses Herzogenstrasse 21 war noch zu erkennen. Dort, an der Stelle, wo vorher die Eingangstür war, hat meine Oma Hannah, auf die Bretter geschlagen und weinend hat Sie gerufen: “Ich will rein! Ich will rein!” Für uns, die Kinder war dies sehr grausam, unsere Oma so weinend zu sehen! |
Zeremonie 14.12.2015 – Familie Leo und
Martha Spanier Im Folgenden verlesen wir einen fiktiven Tagebucheintrag von Martha Spanier -------------------------------------2. August 1943 Wieder ein Tag im Versteck!!!! Ständige Angst entdeckt zu werden. Die Zeit scheint endlos. Wir leben hier zu acht in einem kleinen Haus und können das Haus nicht verlassen. Über Tag können wir uns nicht im Wohnbereich aufhalten, weil Nachbarn zu Besuch kommen könnten. Klaartje und Benjamin Benninga leben hier ebenfalls im Versteck. Wir vier halten uns tagsüber in einem kleinen Hinterzimmer auf. Wir haben nichts zu tun und die Zeit vergeht nicht. Nachdem wir seit mehr als einem Jahr in mehreren Verstecken gelebt haben, hoffen wir, dass wir hier bei Willie und Adrianus bleiben können. Willie hat zwei kleine Kinder. Wenn sie einkaufen muss, kümmere ich mich um sie. Das ist eine Abwechselung in unserem tristen Alltag. Willie und Adrianus riskieren ihr Leben für uns. Ihr Haus steht direkt neben dem Lansik Hotel, in dem deutsche Offiziere wohnen. Wir müssen uns sehr vorsichtig verhalten. Anfänglich hatten wir nur sehr wenig zu Essen. Da wir untergetaucht sind, erhalten wir keine Lebensmittelmarken. Wir mussten einige Zeit zu acht von den Zuteilungen für vier Personen leben. Zum Glück hat Adrianus einen Freund, der im Büro für die Vergabe der Essensmarken arbeitet. Er zweigt Coupons ab, so dass die Versorgung besser wurde. Mit der Familie Meijer befreundete Bauern versorgen uns ebenfalls mit Lebensmitteln. Willie und Adrianus sind sehr mutig. Sie besorgen nicht nur für uns Lebensmittelmarken, sondern verteilen mit Hilfe ihres Freundes auch Marken an andere im Versteck lebende Juden. Willie und Adrianus riskieren ihr Leben und das Leben ihrer Kinder. Oft denke ich an unsere Familie und unsere Jugend in Goch zurück. Unsere Familie hatte über 100 Jahre in Goch gelebt. Mein Großvater Jakob hatte 1864 in der Herzogenstraße eine Zigarrenfabrik gegründet. Diese wurde von seinem Sohn Michael und später von Leo geleitet. Nach der Hochzeit lebten wir im Haus seiner Eltern, Michael und Rosa Spanier. Im Haus wohnte auch noch Leos Tante Julie. 1934 verstarb meine Schwiegermutter, 1936 Tante Julie und im März 1938 mein Schwiegervater Michael. Zum Glück musste er nicht miterleben, was wenige Monate nach seinem Tod im November 1938 geschah. Die Veränderungen nach 1933 hatten ihm ohnehin schwer zu schaffen gemacht. Er war in Goch ein geachteter Mann gewesen. Aber bereits kurz nach dem Regierungswechsel veränderte sich die Stimmung. Unsere Nachbarn grüßten uns nicht mehr und das Geschäft lief immer schlechter. In den frühen Morgenstunden des 10. November hörten wurden wir durch Geschrei und Lärm auf der Straße wach. Auf der Höhe der Synagoge konnten wir Rauch entdecken. Auf der Straße waren zahlreiche Männer in SS-Uniformen zu sehen. Auch die Feuerwehr war da. Sie löschte aber nur die umstehenden Häuser. Noch am selben Tag wurde Leo verhaftet und mit 30 anderen Männern im Gefängnis des Rathauses eingesperrt. Einige Tage später wurden viele in die Haftanstalt Kleve überführt. Ich erfuhr, dass alle, die keine Ausreisepapiere vorweisen konnten, nach Dachau gebracht werden sollten. Zum Glück hatten wir die notwendigen Dokumente bereits besorgt. Nach dem Tod meines Schwiegervaters Michael hatten wir keinen Grund mehr dort zu bleiben. Onkel Heinrich und Onkel Bernard lebten in Deventer und hatten für uns eine Bürgschaft übernommen. Alle anderen Papiere waren auch in Ordnung. Leo wurde daraufhin am 22. November entlassen. Im Frühjahr 1939 konnten wir Goch endgültig verlassen. Unser Haus hatten wir nicht mehr rechtzeitig verkaufen können. Aber in Sicherheit zu leben, war uns damals wichtiger. --------------------
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Stolpersteine in Goch |
Stolpersteine-Gruppe1 auf einer größeren Karte anzeigen |
Stolpersteinverlegung Michael Spanier Rosette Spanier Leo Spanier Martha Spanier Henriette Spanier Herzogenstraße 21 |
Stolpersteinprojekt
des Künstlers Günther Demnig |
Der Künstler Gunter Demnig hat das Stolpersteinprojekt ins Leben gerufen. Er möchte an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, indem er vor ihren letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einlässt. Stolpersteine wurden bereits in mehr als 500 Orten Deutschlands und in mehreren andern europäischen Ländern verlegt. |
Dateiname: |
gored1412_herzogen21.html |
Datum: |
29.12.15 |
Erstellt von : |
R. Warrener |
Text von: |
R. Warrener |
Fotografien: |
R. und G. Warrener |