Ellen Hoffmann - van Leeuwen
Eine Schülerin, die in unserem Schulgebäude zur Schule ging
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Ellen Hoffmann im Alter von 13 Jahren bei einer Schulaufführung Foto: Stadtarchiv Goch, Chronik der Mädchen Mittelschule |
Kaufhaus der Familie Koopmann in Goch auf der Voßstraße Foto: StAGo |
Ellen Hoffmann-van Leeuwen nach ihrer Heirat in Gennep Foto: durch W.S. van Dinter |
Ellen Hoffmann-van LeeuwenEllen van Leeuwen geborene Hoffmann wurde 1919 in Goch als zweites Kind von Anna und Karl Albert Hoffmann (evang.) geboren. Ihr Großvater bzw. ihre Großmutter besaßen das größte Kaufhaus in Goch, das Kaufhaus Koopmann. Vermutlich lebte die Familie über diesem Kaufhaus auf der Voßstraße 16 (heute Kodi). Sie hatte eine ältere Schwester namens Johanna, auch "Hannie" genannt, und einen jüngeren Bruder namens Kurt. Ellen besuchte die Mädchen Mittelschule in Goch (heute Gebäude der Gesamtschule Mittelkreis am Südring). Ihr Schulbesuch ist für 1932 eindeutig nachgewiesen, da sie in diesem Jahr auf einem Schulfest fotografiert und in der Schulchronik abgebildet wurde (siehe unten). Im Jahre 1934 nahm sie am 27. September nochmals an einem großen Gocher Schulfest auf dem Victoria Sportplatz teil und führte mit anderen Mädchen einen Tanz auf. An dieser Veranstaltung nahm auch der NSDAP Ortsgruppenleiter Ernst Salzmann teil, der sich noch am gleichen Tag schriftlich darüber beschwerte: bei einer "... volksdeutschen Kundgebung hat eine Mädel nichtarischer Abstammung bei den Volkstänzen mitgewirkt". Er sah es als "...eine derartige Frechheit" an und äußerte sein Befremden darüber, "dass nicht ein Parteigenosse die sofortige Entfernung der Person veranlasst hat." (3-StAG B 201). Nach einem Briefwechsel mit der Schulleiterin Anna Fließ, in dem diese die Teilnahme von Ellen am Fest rechtfertigt, ergeht an Frau Fließ die eindeutige Anweisung, "dass bei evtl. späteren ähnlichen Veranstaltungen nur mehr deutsche Kinder Berücksichtigung finden." 1935 oder 1936 verließ Ellen die Schule. Nachdem ihre Mutter mit dem Rest der Familie im März 1938 nach Düsseldorf zog, tauchte Ellen vermutlich in Goch unter (8) und versteckte sich in Goch bis zu ihrer Heirat im Januar 1939. In den offiziellen Listen der israelitischen Gemeinde wird sie nicht erwähnt (9). Am 21.1.1939 heiratete Ellen den in Gennep wohnhaften Viehhändler Arthur van Leeuwen. Sie wohnten mit Arthur´s Onkel Simon und seiner Tante Jet in der Spoorstraat 123. Ellen wurde als bildhübsch und als schönstes Mädchen von Gennep beschrieben. Nur wenige Tage nach dem Einmarsch der Deutschen in die Niederlande (10.5.1940) wurde die Tochter Anneke am 16.5.1940 geboren (1 und 2 - van Dinter - S. 51, 52). Kurz vor der Geburt hatte Ellen noch die Veranstaltung der lokalen Schauspieltruppe besucht. Während in Goch die Deportationen der verbleibenden Juden in Konzentrationslager oder Ghettos Ende 1941 bis Mitte 1942 stattgefunden hatten, setzten sie in den Niederlanden etwas später ein. Die erste Deportation aus Gennep fand im August 1942 statt. Im April 1943 verkündete der Ortskommandant, dass sich alle verbleibenden Juden von Gennep am 10.4.1943 am Genneper Bahnhof einzufinden hätten und von dort aus ins KZ Vught gebracht würden. Ellen, Arthur und Anneke standen ebenso auf der Deportationsliste wie der Onkel Simon und die Tante Jet. Am Deportationstag behauptete Jette van Leeuwen, sie könne Ellen, Arthur und Simon nicht finden, obwohl die gepackten Koffer des Ehepaars bereitständen (van Dinter- S. 78). Jette wurde in das niederländische KZ Vught gebracht. Simon van Leeuwen konnte noch rechtzeitig bei Gradje Vervoort in der Genneper Heide untertauchen. Vor ihrer Flucht arrangierte Ellen und Arthur, dass ihre fast dreijährige Tochter Anneke in Friesland bei einer Familie untertauchen konnte. Bei Nacht und Nebel wurde Anneke in einem Kinderwagen zu den Drei Kronen in Milsbeek gebracht. Dort übergab Arthur seine Tochter einem Mann vom Roten Kreuz. Dieser sorgte dafür, dass sie zu einer Familie in Friesland gebracht und dort bis zum Kriegsende versteckt wurde (1- van Dinter-S. 79-8 Info Dorry Smeets). Arthur und Ellen tauchten ebenfalls unter und gingen zu einem Ellens Schwester "Hannie" nach Berlin. Arthur äußerte Freunden gegenüber: "Ich kann besser den Feind aufsuchen, als andersrum". In Berlin gaben sie sich als Nicht-Juden aus und lebten dort mit gefälschten Papieren. Der Verpflichtungsbescheid vom Arbeitsamt Berlin (29.4.1943) zeigt, dass sie bereits Ende April in Berlin lebten. Als sie kaum angekommen waren, wies ihm das Berliner Arbeitsamt schon eine Tätigkeit bei der Organisation Todt zu, die Straßen-, Brücken- und Festungsbauten errichtet. Arthur arbeitete zunächst als Elektriker und musste bei dieser Tätigkeit viel reisen. Am 5. Mai 1943 beginnt er sein Tagebuch. Seine ersten Einträge machte er in Warschau, wo er für ein 5 Slotie ein Tagebuch erwarb. Von dort kam er über Kiew zum russischen Ort Charkow. Dort wurde er Fahrer für die "Organisation Todt" (1/8). In Charkow stand er eines Tages einem Mann aus Gennep gegenüber, der eine deutsche Uniform trug. Beide erkannten sich sofort. Arthur gab ihm zu verstehen, dass er ihn umbringen würde, wenn er ihn verräte. Mittlerweile ist bekannt, dass der Mann aus Gennep Arthur nicht verraten hat (4). Zu dieser Zeit fand ein reger Briefwechsel zwischen Arthur und seiner Frau Ellen statt. Beinahe täglich schrieb er in sein Tagebuch, wie sehr er seine Frau vermisste: "Ich leide wieder vor Sehnsucht. Ich fühle mich elend. Meine Frau, wie liebe ich dich" (5). Den letzten Brief erhielt Arthur am 11. Juni 1943. Danach macht er sich täglich Sorgen, was wohl mit seiner Frau passiert sein könnte. "Warum höre ich nichts? Ich bin stark abgemagert, kann nicht schlafen. Das ist kein Leben". (5) Bei seinem Aufenthalt In Charkow erfuhr er, dass eine Ellen Löwen-Hoffmann in Berlin von der Gestapo verhaftet worden sei. Ellen und ihre Schwester Hannie waren von einer über ihnen lebenden Nachbarin an die Gestapo verraten worden. Beide wurden in Konzentrationlager geschickt. Ellen wurde mit dem Transport I/96 am 17.06.1943 von Berlin nach Theresienstadt gebracht. Nachforschungen ergaben, dass seine Frau in Theresienstadt unter sehr erbärmlichen Umständen gesehen worden war. Von dort wurde sie am 16. Oktober 1944 nach Auschwitz verlegt (Transport ER-13). Wie viele arbeitsfähige Frauen wird sie am 29. Oktober ins Nebenlager Groß-Roßen geschickt. Vermutlich musste sie dazu einen einwöchigen Fußmarsch zurücklegen. Dort angekommen wird weiter ins Frauenarbeitslager Kurzbach geschickt. Dort müssen Frauen z.B. Baumstämme schleppen und Panzergräbern ausheben und das im Winter bei bis zu -18° Kälte. Gemäß einer Zeugenaussage wurde Ellen am 21. Januar 1945 im Rahmen der Evakuierung vor den Russen von dort nach Bergen-Belsen geschickt. Auf diesen so genannten Todesmärschen starben viele Frauen an Krankheiten oder Erschöpfung. Wer nicht mit kam wurde in der Regel einfach erschossen. Vermutlich war dies auch das Schicksal von Ellen Hoffmann-van Leeuwen. Sie ist gilt seit der Überstellung nach Bergen-Belsen als verschollen. Am 24. Mai 1945 kommt Arthur via Österreich, Techoslowakai, Belgien und Deutschland nach Gennep zurück (4 und 2). Dort lebte er bis an sein Lebensende. Die Tochter Anna Ida (Anneke) ist heute verheiratet und lebt in Deutschland. Die Angaben über den Todesort und -zeitpunkt von Ellen unterscheiden sich in den vorliegenden Quellen von Yadvashem (7) und der des Dokuments des Niederländischen Roten Kreuzes:
In Gennep gibt es einen Ellen Hoffmann-Platz. Der Name von Ellen Hoffmann steht stellvertretend für alle anderen Juden, die dem NS-Regime zum Opfer gefallen sind. Der Platz wurde von dem Künstler Frans Smeets und seiner Tochter gestaltet. Quellen:
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Nachname |
Vorname |
Geburtsort u. - datum |
Gest., Ort |
Straße |
verheiratet |
Kinder |
Bemerkungen |
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Hoffmann | Ellen | 11.1.1919 | vermutl. 16.10.1944 in Auschwitz oder später in Bergen-Belsen s.o. | Arthur van Leeuwen |
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Eltern: Ellen ging spätestens 1932 bis. ca. 1934/35 auf die Gocher Mittelschule (heute - Gebäude der Gocher Gesamtschule Mittelkreis). Am 10.4.1943 sollte sie mit andern Genneper Juden deportiert werden. Kurz zuvor floh sie jedoch mit ihrem Mann nach Berlin. Am 17 Juni 1943 wurde sie mit dem Transport I/96-13304 von Berlin nach Theresienstadt deportiert und am 16.10.1944 mit dem Transport Er-13 nach Auschwitz überstellt. |
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Teilbilder aus dem Reigenspiel "In der Geisterstunde" nach der Gavotte Louis XIII. Vorgeführt an einem Elternabend, am Montag, den 6. März 1932 |
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von links: Maria Sülzen und Ellen Hoffmann, 1932 Foto: Stadtarchiv Goch, Chronik der Mädchen Mittelschule |
von links: Anne Flaswinkel und Ellen Hoffmann, 1932 Foto: Stadtarchiv Goch, Chronik der Mädchen Mittelschule |
Ellen Hoffmann mit Mitschülerinnen auf dem Dach des Gebäude A der Gesamtschule Mittelkreis (damals Mädchen Mittelschule Goch) (von links: Maria Sülzen, Magda Janßen, Anne Flaswinkel, Ellen Hoffmann, Lieschen Horstman, Herta Lohmeyer ) Stadtarchiv Goch, Chronik der Mädchen Mittelschule |
Gocher Mädchen Mittelschule und Real Pro Gymnasium im Erbauungsjahr 1930 - Blick vom Südring aus. (links jenseits der Türme war das Real Pro Gymnasium und links die Mädchen Mittelschule Gochs) |
Ellen Hoffmann-van Leeuwen nach ihrer Heirat in Gennep Foto: durch Dorry Smeets, Gennep |
Ellen Hoffmann-van Leeuwen mit ihrem Ehemann Arthur van Leeuwen und ihrer Tochter Anna Ida, genannt Anneke, ca. 1941 Foto: durch Dorry Smeets |
Arthur van Leeuwen Vielhhändler aus Gennep Foto: durch Dory Smeets, Gennep |
Haus von der Familie Arthur van Leeuwen in Gennep, Spoorstraat 123 Foto: aus einem Artikel von Dorry Smeets |
Ellen Hoffmannsplein in Gennep |
Dateiname: | fkoopj2.htm |
Datum: | 21.01.2007 |
Erstellt von: | Ruth Warrener |
Fotografien: | Stadtarchiv, van Dinter, Dorry Smeets |